Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat kurz vor der Islamkonferenz die Forderung von Muslimen nach getrenntem Sportunterricht für Jungen und Mädchen kritisiert. Dies sei alles andere als ein gelungener Auftakt für das zweite Zusammentreffen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Muslim-Vertretern am Mittwoch, sagte Böhmer der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir werden nicht zulassen, dass eine kleine Minderheit von Rückwärtsgewandten hier die Regeln ihrer Großväter zu installieren versucht", sagte sie. Kulturelle Vielfalt sei schön und bereichernd, betonte Böhmer. Sie ende aber dort, wo Deutschlands Grundwerte und -rechte in Frage gestellt würden. "Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist eines dieser nicht verhandelbaren Grundrechte." [quelle]Sehr geehrte Frau Prof. Böhmer, lassen wir einen Moment kulturell-religiöse Beweggründe außer acht, die hinter mancher Forderung nach getrenntem Sportunterricht stehen mögen. Versetzen Sie sich in die Lage eines Mädchens zwischen 11 und 16 (egal welcher Herkunft), wie es mit der plötzlichen Verweiblichung seines Körpers zurecht kommen muss. Erinnern Sie sich, welchen Blicken, Bemerkungen und auch Nachstellungen Mädchen seitens gleichaltriger Jungen ausgesetzt waren, ganz besonders die mit deutlich sichtbaren Kurven? Wie sehr manche Mädchen darunter litten und folgerichtig regelmäßig den Sportstunden fernblieben?
Es gibt also gute Gründe, die »Regeln der Großväter«, wie Sie es nennen — im Übrigen die unserer eigenen —, teilweise wieder zu installieren und zumindest in bestimmten Fächern jugendliche Jungen und Mädchen getrennt zu unterrichten. Wie es im Übrigen viele Schulen seit den Neunzigern wieder tun, in den Naturwissenschaften, aber gerade auch im Sportunterricht. Sie selbst sind Professorin für Pädagogik, waren zudem acht Jahre lang Landesfrauenbeauftragte in Rheinland-Pfalz, man darf also unterstellen, dass Sie die schulischen Interessen heranwachsender Mädchen zu vertreten wissen. Welche Gründe sprechen dann Ihrer Meinung nach für eine Koedukation im Sport? Inwiefern würde durch eine Abschaffung die Gleichberechtigung der Geschlechter infrage gestellt? Würde die nicht im Gegenteil gerade gestärkt, weil Mädchen Entwicklungsmöglichkeiten bekämen, die ihnen im gemeinsamen Unterricht verwehrt sind?
Mir drängt sich ja unterdessen ein ganz anderer Eindruck auf. Dass es hier nämlich überhaupt nicht um die Sache selbst geht, sondern nur darum, im Vorfeld der »Islamkonferenz« jegliche Forderung mit einem Blankovorwurf zu diskreditieren.