Ein Schild in einer neuseeländischen Stadt mit dem Piktogramm einer Überwachungskamera. Dazu der Text »Show us your good side« und unten, kleiner: »We're looking after you«.

Es reicht nicht, überwacht zu werden. Wer hier entlang geht, wird auch explizit aufgefordert, sich nicht mehr ungezwungen zu bewegen. Einem anonymen Uns muss gefallen, wie ich mich verhalte; nebenher wird unterstellt, man habe nicht nur eine ungute Seite, sondern auch vor, sie zu zeigen. Wer diese unsichtbaren Beobachter sind, wer sie nach welchen Kriterien ausgesucht hat, was sie dazu legitimiert, mich zu kontrollieren, was sie für meine gute Seite halten und was nicht, wird nicht deutlich, aber offenbar täte ich gut daran, es zu wissen.

Anderswo versucht man drumherum zu reden, dass, wer ins Visier einer Videoüberwachung gerät, von einer Sekunde auf die andere zum potentiellen Übeltäter wird, sobald er nur noch ein Haufen Pixel auf dem Schirm eines Überwachungszentrums ist. Hier ist man ehrlich, doch die Art und Weise, in der damit kokettiert wird, verursacht Übelkeit. Es geht nicht mehr um abstrakte oder reale Straßenkriminalität und ihre Bösewichte: Du selbst bist das Beobachtungsobjekt. Verhalte dich ja nicht merkwürdig. Wir haben dich im Blick.

»We're looking after you« - das ist noch die dazu passende, in Zuckerwatte gewickelte Drohung, wie sie ein Schutzgeldeintreiber nicht zynischer ausdrücken würde. Das Versprechen einer Fürsorge, die mich vor mir selber beschützen will, vor »Seiten« von mir und anderen, über die jetzt namenlose Security-Leute wachen. Die uns einreden muss, wir seien nicht in Ordnung, damit wir ihr bereitwillig unsere persönliche Freiheit opfern.

Eine Fürsorge, deren konsequenteste Form nur eines sein kann: das Gefängnis.
Kommentare 
Ein Grund,
mal wieder Polt zu hören: Klicken Sie am Ende von Burnsters Beitrag auf »Die Ordnungskraft«.
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Gut gebrüllt, Möwe!
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Die Briten
kommentieren das Verhalten ihrer "Opfer", fordern auf, den Müll gescheit zu entsorgen und keine Kippen auf die Straße zu werfen. Das "Opfer" wird auf offener Straße gemaßregelt, von einer unsichtbaren Ordnungsmacht, die sich hinter einer Kamera und einem Lautsprecher versteckt.

Den Bürgern wird das eigene Denken abgenommen, ebenso die Verantwortung für ihr Tun. Eine Obrigkeit denkt für sie, leitet sie, kontrolliert sie. Sicherlich gibt es Indivdien, welche auf die Anleitung "von oben" angewiesen sind, aber an deren Verhalten ändern auch doppelt soviele Kameras nichts. Der "Normalbürger" wird zum unmündigen Schaf abgestempelt, welches sich nach dem Bellen des Hirtenhundes zu richten hat.
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Exakt. Der feuchte Traum jedes kleinen Würstchens: Endlich Erwachsene herumkommandieren können, als seien sie Kinder. Staatlich organisierte Entmündigung, die pervertierte Form der Fürsorge.
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Hey, das war ja mal ein guter Link. Vielen Dank.
(Musste ich wacker loswerden wg. Freude)
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Die Wortspielerei mit dem Hirtenhund und den Schafen bringt gleich nochwas auf das Trapez: beide haben brav ihr RFID tag und koennen ueber 100m gescannt werden. Ansonsten laesst sich hier fast kein Polizist auf der Strasse blicken. Ich wuerde das schon fast als Unterpraesenz bezeichnen. Das laesst einen noch mehr nachdenklich werden bzgl. CCTV. Demnaechst wohl nicht nur "Lock it or Lose it" Sticker im Parkhaus.
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Find´ die Interpretation des Schild-Textes etwas überzogen, ist halt angelsächsischer "Humor".
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Sie meinen, die Leute schmunzeln und winken in die Kamera?
Hm. An dem Punkt bin ich offenbar ziemlich humorlos.
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Ne
kleine Geschichte, in diesem Zusammenhang, hier...
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Hui. Ganz schön schwarz, Ihr Szenario, Hr. Kuhlumbus.
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Ja.
Schwarzer Rauch nach dem großen Knall ...
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und das, wo ich doch nur ein einziges Kameragesicht kann...
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