Man muss die katholische Kirche nicht mögen. Man kann ihr eine Menge Verfehlungen anlasten, auch durchaus der Meinung sein, dass ihre Haltung in manchen Punkten schädlich und falsch ist. Gerade ich selbst ärgere mich oft genug über Verlautbarungen aus Rom. Man kann auch den Papst oder manche Priester und Bischöfe ablehnen, finde ich ganz normal, tue ich auch.
Aber in welchem Ausmaß ausgerechnet Menschen, die sich selbst (und auch ich) sicher als aufgeklärt und intelligent bezeichnen würden, beim Thema katholische Kirche alle Vernunft sausen lassen und regelmäßig zu pauschalisierenden, vorurteilsbeladenenHasspred Derwischen werden können, erstaunt mich immer wieder. Was natürlich daran liegen mag, dass ich selbst nur ein fern- und angstgesteuerter, bestenfalls naiv-gutmenschelnder, aber im Innersten reaktionärer Law-and-Order-Fan mit verspießerten Moralansichten bin.
Aber in welchem Ausmaß ausgerechnet Menschen, die sich selbst (und auch ich) sicher als aufgeklärt und intelligent bezeichnen würden, beim Thema katholische Kirche alle Vernunft sausen lassen und regelmäßig zu pauschalisierenden, vorurteilsbeladenen
Es gibt Gelegenheiten, bei denen ich den Verein (bei dem ich übrigens immer noch Mitglied bin) verteidige, ein andermal ist es mir auch zu blöd, zumal sich mein persönliches Weltbild von den kirchlichen Glaubensinhalten in Teilen schon sehr weit entfernt hat. Andererseits kann ich auch anerkennen, dass die Taufe und die religiöse Früherziehung (um die ich weiß Gott nicht gebeten habe) ein wichtiges Zwischenstadium gewesen ist, mit dem ich inzwischen meinen Frieden gemacht habe. Es ist nicht mal mehr so wichtig, dass ich den expliziten Schritt des Kirchenaustritts für mich noch brauche als Symbolhandlung.
Da ist mir Ihre entspannte Haltung sympathischer.
Nichtgläubigen erklären zu wollen, dass die Bedeutung der Kirche ganz woanders liegt als in einem Weltanschauungsverein, in den man ein- oder austritt je nach Verlautbarung des Parteivorsitzenden, sondern in einer persönlichen Beziehung zu dem, den man gemeinhin Gott nennt (und dass diese Beziehung ohne eine solche Gemeinschaft für mich undenkbar wäre, wenn ich meinen Glauben ernst nehme), habe ich ja sowieso schon längst aufgegeben.
Würde ich solchen Leuten begegnen (und es wird sie sicher auch geben) in der Kirche, ja, was dann? Soll ich deswegen austreten? Wohl kaum. Wenn es eine persönliche Auseinandersetzung gäbe, würde ich darlegen, warum ich den Standpunkt (z. B. die Ablehnung von Verhütungsmitteln) für falsch und vom Evangelium nicht gedeckt halte. Oder während einer gänzlich unerträglichen Predigt den Kirchenraum verlassen und später wiederkommen. Aber ich weiß auch, dass die Menge der Kirchenmitglieder sehr viel liberaler, moderner und menschenfreundlicher ist, als man anhand der Nachrichtenlage glauben mag. Auch die meisten Geistlichen. Eine Menge Menschen habe ich dort getroffen, die über Jahre hinweg und still (im Gegensatz zu uns Bloggern, z. B. :-) Hervorragendes in ihrer Umgebung leisten.
Wäre jetzt die ganze Gemeinde voll von Leuten, die für mich unerträgliche Standpunkte vertreten (was übrigens einem Protestanten aufgrund der viel autonomeren Gemeinden nach meinem Eindruck eher passieren kann), so müsste ich mir notfalls eine andere suchen. Aber die Kirche als Ganzes würde ich sicher nicht verlassen wollen, dafür weht dort immer noch zuviel christlicher Geist. Und aus einem gewissen Trotz natürlich, denn ich weiß, dass ich nicht ganz falsch bin, so wie ich bin, und man den "Laden" nicht denjenigen überlassen darf, die meinen, Gott in ihrer Hosentasche zu haben.
(Ich bin nach den Tiraden eines ehemaligen Bischofs aus Fulda ausgetreten. Ich hätte warten sollen, kurz darauf wurde er von höherer Stelle abberufen.)
Der Graben, der mein Weltbild von katholisch-christlichem Mainstream trennt, ist zwar wieder etwas schmaler geworden über die Jahre, aber immer noch breit genug, um eventuell aufkommende Gemeinschaftsgefühle mit den übrigen Personen auf irgendeiner beliebigen Kirchenbank dann doch zu verhindern. Wenn ich die Formeln, Lieder und Litaneien höre, klingen ein paar vertraute Saiten an - aber mehr als mechanisches Mitsprechen der Höflichkeit halber kommt dabei nicht rum, wie ich zuletzt an Weihnachten feststellen konnte. Ein bisschen (aber wirklich nur ein bisschen) beneide ich Menschen, die sich in diesem Kontext immer noch aufgehoben fühlen können. Es bleibt aber unterm Strich doch so etwas wie Dankbarkeit für die Jahre, in denen der Zauber noch funktioniert hat.
ich kenne menschen, die kondome aus religiösen gründen ablehnen. ich kenne sie nur. mögen muss ich sie ja nicht.
ich bin ausgetreten. damit erschöpft sich mein kampf gegen die katholische kirche weitestgehend. und, nun ja, ich bin gläubig. allerdings nicht deckungsgleich mit den religionen.