Ein Schild in einer neuseeländischen Stadt mit dem Piktogramm einer Überwachungskamera. Dazu der Text »Show us your good side« und unten, kleiner: »We're looking after you«.

Es reicht nicht, überwacht zu werden. Wer hier entlang geht, wird auch explizit aufgefordert, sich nicht mehr ungezwungen zu bewegen. Einem anonymen Uns muss gefallen, wie ich mich verhalte; nebenher wird unterstellt, man habe nicht nur eine ungute Seite, sondern auch vor, sie zu zeigen. Wer diese unsichtbaren Beobachter sind, wer sie nach welchen Kriterien ausgesucht hat, was sie dazu legitimiert, mich zu kontrollieren, was sie für meine gute Seite halten und was nicht, wird nicht deutlich, aber offenbar täte ich gut daran, es zu wissen.

Anderswo versucht man drumherum zu reden, dass, wer ins Visier einer Videoüberwachung gerät, von einer Sekunde auf die andere zum potentiellen Übeltäter wird, sobald er nur noch ein Haufen Pixel auf dem Schirm eines Überwachungszentrums ist. Hier ist man ehrlich, doch die Art und Weise, in der damit kokettiert wird, verursacht Übelkeit. Es geht nicht mehr um abstrakte oder reale Straßenkriminalität und ihre Bösewichte: Du selbst bist das Beobachtungsobjekt. Verhalte dich ja nicht merkwürdig. Wir haben dich im Blick.

»We're looking after you« - das ist noch die dazu passende, in Zuckerwatte gewickelte Drohung, wie sie ein Schutzgeldeintreiber nicht zynischer ausdrücken würde. Das Versprechen einer Fürsorge, die mich vor mir selber beschützen will, vor »Seiten« von mir und anderen, über die jetzt namenlose Security-Leute wachen. Die uns einreden muss, wir seien nicht in Ordnung, damit wir ihr bereitwillig unsere persönliche Freiheit opfern.

Eine Fürsorge, deren konsequenteste Form nur eines sein kann: das Gefängnis.