Ich besitze ja, wie hin und wieder erwähnt, keinen eigenen Fernseher. Aus gutem Grund, denn einerseits würde ich viel zu viel schauen, hätte ich einen, andererseits fehlt mir aber auch nichts ohne ihn. Bis auf eine Ausnahme: Wenn ich ein-, zweimal im Jahr richtig krank bin und den ganzen Tag banane auf der Couch liege. Dann könnte ich mich stundenlang berieseln lassen, je einfacher das Programm gestrickt, desto besser; so lässt es sich zwischendurch wieder ein Stündchen wegdämmern, später wacht man auf, glotzt einfach weiter und muss sich nicht ärgern, irgendetwas verpasst zu haben. Als ideal in dieser Hinsicht haben sich Gerichts-Soaps à la Salesch bewiesen, amerikanische Endlosserien oder aber Bob Ross, den ich entdeckt habe, seit meine Möwe auf DVB-T umsteigen musste und jetzt illustre Kanäle wie Phönix oder BR Alpha empfängt.
[Bob Ross vor seiner Staffelei]
Bob freut sich
Bob Ross (vor zehn Jahren verstorben) war ein amerikanischer Maler, der mit einer eigenen Maltechnik und hunderten von TV-Sendungen bekannt wurde. Jede Sendung dauert ca. 20 Minuten, in denen der knuddelige Herr mit Bart und Afro jeweils ein scheußliches Bild vor den Augen der Zuschauer entstehen lässt. Der Ablauf ist immer gleich: Auf einen vorbereiteten Hintergrund pinselt und messert Bob Schicht für Schicht eine Fantasielandschaft. Seen mit Hütte, Berge mit Hütte, Wälder mit Hütte, nächtliches Meer ohne Hütte - alles gerne in leichtem Dunst, mit dramatischem Himmel und ausnahmslos in übertriebenen Farben.

Es gibt zwei Arten, diese Sendungen zu genießen:
A) Gebannt mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu zuschauen, wie rasant und handwerklich perfekt Bob mit wenigen Strichen aus dem Nichts und ohne Vorlage realistisch wirkende Strukturen schafft, sich gleichzeitig kopfschüttelnd fragend, wie man sein Talent nur mit diesem hoffnungslosen Kitsch vergeuden kann. Es gibt immer so einen Punkt in der Mitte der Sendung, an dem man denkt: »Ist zwar kitschig, aber noch gerade akzeptabel.« Aber anstatt dann aufzuhören, malt Bob immer weiter, hier noch einen Zaun, dort noch zwei Bäume, noch eine Veranda für die Hütte... so lange, bis wirklich alle denkbaren Klischees in die Szene eingebaut sind und einem die Augen verkleistern.

Oder B), Bobs fortwährendem, beruhigenden Gebrabbel zu lauschen, während er Farben mischt und herumpinselt. Seine Reihe heißt, sehr amerikanisch, »The Joy of Painting«, und entsprechend vermittelt er ununterbrochen die eine Botschaft: Malen ist toll, und du kannst es auch! (Natürlich nicht, ohne nebenher ein ganzes Imperium von Bob-Ross-Medien, Bob-Ross-Maluntensilien und Bob-Ross-Zertifizierungslehrgängen zu finanzieren.) So raunt er ohne Unterlass in Richtung des Zuschauers (»... we put some spots here with the knife, just some little spots, it's up to you, you decide where to put it, up to you. There! Now we take the blender brush... «), und wenn man sowieso schon angeschlagen ist, kann man sich irgendwann ganz der hypnotisierenden Wirkung überlassen und friedlich einschlummern.
Bob Ross, The Joy of Painting,
nahezu täglich auf BR alpha.
Foto: Bayerischer Rundfunk.