Gut, dass ich meinen Kalender dabei hatte.
Auf der Hinfahrt durch glücklichen Zufall in Belgien an der ADAC Raststätte des Jahres 1975 Pause gemacht.

Am ersten Morgen nach der Ankunft einem Gendarmen in Uniform mit Baguette unter dem Arm begegnet. Die Fremdenverkehrsämter scheinen einigen Aufwand für dieses Frankreich zu betreiben.

Schon drei Nächte in kleinen Hotels decken Ihren Jahresbedarf an dicken, miefigen Stofftapeten.


Serviervorschlag
Richtig in Frankreich ankommen heißt, zu einem Glas Orangina in ein Sandwich Jambon (knapp 40 Zentimeter langes Stück Baguette mit gesalzener Butter und dickem, saftigen Kochschinken) beißen zu können. Dazu bräuchte man nicht mehr als eine dunkle Einheimischen-Bar in einem gottverlassenen Straßendorf in der Picardie; in der Sonne sitzen und auf einen pittoresken Hafen blicken zu können: geht aber auch.

Neben Landwirtschaft, Fischfang und Tourismus ernährt sich der Bretone seit einigen Jahren zusehends von Immobilienvermittlung.

Keine Beschränkungen, Münzdrehkreuze, Korbverleihe, Maschendrahtzäune, Parkgebühren an den Stränden. Meist nicht einmal irgendeine Strandbude, geschweige denn eine endlose Kette davon. Auch in den Städtchen Einschränkungen nur insoweit, wie sie wirklich notwendig sind. Was könnten sie nicht noch alles aus ihren Touristen rausquetschen, privat oder kommunal. Doch sie tun es einfach nicht. Du darfst hin, wo immer du hin willst, und nicht einmal in der engen, souvenirlädengesättigten Gasse vom Mont Saint Michel fühlt man sich übermäßig von Kommerz belästigt. Darum liebe ich diese Gegend ganz besonders. Und darum kotzen mich deutsche Nordsee- genauso wie die italienischen Küsten oft so an.

Verstörende Ausnahme: die globale Beschallung der verkehrsberuhigten Innenstadt in Dol-de-Bretagne, mit einem nervtötenden Privatsendergedudel und -brabbel aus Lautsprechern an jeder Ecke. Wer kommt auf eine solche Idee?

Der Strand meiner Kindheit.


dümpelnde Bötchen:
1a Urlaubsgefühl
Schnuckelige, luftige Ferienwohnung für die restlichen 9 Tage gefunden. Immer wieder der Blick aus dem Fenster auf die kleine, windgeschützte Bucht mit dümpelnden Bötchen.

Bretonische Straßenmärkte sind ein Traum. Meeresfrüchte, -tiere, Gemüse und Obst, Fleisch aller Art, Brot und Gebäck: Was für eine überwältigende, appetitliche Auswahl.

Der Deutsche kennt im wesentlichen Hähnchen und Suppenhuhn. Der Franzose dagegen schätzungsweise 30 verschiedene Geflügelarten und -qualitäten, und alle haben verschiedene Namen und Preise! (Selbst der Brathähnchenmann hatte schon vier oder fünf verschiedene auf seinen Spießen.) Vorgenommen, beim nächsten Frankreichbesuch alles durchzuprobieren.

Kochen mit Gasherd, dieser leichte Gasgeruch: Auch so ein Urlaubsding.

Einen Tag hohe Wellen. Wie lange schon nicht mehr darin gebadet. Nach zwei Minuten keuchend wieder raus; sie waren einfach stärker als ich. Muss wieder fitter werden.

Das Ende der Bestellung oder Frage abwarten ist des bretonischen Kellners oder Händlers Sache nicht.

Für meine Möwe war es ja quasi ein Verwandtenbesuch.
Von Woche zu Woche ein paar geschlossene Läden mehr. Versprengte Rentner an der Hafenpromenade. Halbleere Restaurants am Abend, noch leerere Straßen. Melancholie und Ruhe im Spätsommerlicht: Wunderbare Tristesse der Nachsaison.

Es hätte länger sein dürfen. Wie immer.

Die Falken sind leider weiter gezogen.