"Eine Möwe fliegt kreischend hin und her - mehr kann man doch wirklich nicht verlangen."
(Kurt Tucholsky)


  

wenigstens noch was mit möwen.
*feudelundwisch*


  

(Mehr zum Vergnügen als für die Praxis:) So wie es Romane gibt, die auf dem Prinzip der trennenden Tür aufgebaut sind – sie können zusammen nicht kommen, sei es, weil das Wasser zu tief ist, oder weil eine alte Tante dagegen ist, oder die Moral, oder das Geld –, fiele die trennende Tür, wir wüßten nicht, wo das Buch bliebe –; so gibt es auch Badeverwaltungen, die ein richtiges Familienbad für einen – wie sagt man? – einen Pfuhl halten. An der Nordsee hat man beim Baden keine Zeit, auf schlechte Gedanken zu kommen: man übersieht das meiste, freut sich, wenn man einen Menschen mit einem schönen Körper sieht, und planscht im übrigen im Meer.

(Kurt Tucholsky: Die Wand)


  

Es fließt ein Strom durch das deutsche Land,
drin spiegeln sich Schlösser und Zinnen;
er ist in den deutschen Gauen bekannt,
kein Refrain kann demselben entrinnen.
Und alle Romantik hat hier ihr Revier,
und je lauter das Rheinlied, je kälter das Bier
der kleinen und großen Verdiener.
Zum Beispiel so der Berliner:
»Ein rheinischet Meechen – beim rheinischen Wein –
Ja, Donnerwetter nich noch mal!
Na, det muß ja der Hümmel auf Erdn sein –!
Wat, Lucie –?«

Wer Lieder für Operetten schreibt
aus Prag, aus Wien und aus Bentschen –:
den Rhein möcht ich sehn, der da ungereimt bleibt –
es sind halt geschickte Menschen!
Und was sie dichten, ganz Deutschland grölts,
von Aachen bis Dirschau, von Kiel bis nach Ölz;
wo nur Treue und Weinbrand wachsen.
Zum Beispiel so unsere Sachsen:
»Ein rheinisches Mädchen – beim rheinischen Wein –
Nu heere mal, Agahde, was hasdn dn
Krachenschonr nich midgenomm? 's is doch
so giehle uffm Wasser?
Diß muß ja der Himmel auf Erden sein!
Eicha ... !«

Im Rhein, da quillt unsere Mannesbrust,
da liegen dicke Tantiemen;
und befällt den Deutschen die Sangeslust:
hier kann er das Ding unternehmen.
Es reimt sich der Rhein
auf Schein und auf Sein
und auf mein und auf dein,
auf Jüngferlein, Stelldichein, Gänseklein ...

Und ist auch zerklüftet das Deutsche Reich:
im Moorbad der Lyrik verstehn sie sich gleich.
Viel schneller als bei Richard Dehmel.
Zum Beispiel so jener aus Memel:
»Äin rhäinisches Mädchen – bäim rhäinischen Wäin –
äi, das muß ja der Himmel – auf Erden säin –
Wäißt, wenn dir der Wäin nich schmeckt,
jieß noch 'n kläin Schnapsche räin! –
Äi, das muß ja der Himmel auf Erden säin –!
Oder mäinst näin –?«
So ist der Rheinstrom ohne Fehle,
das Familienbad der deutschen Seele.

(Kurt Tucholski - Der Rhein und Deutschlands Stämme )


  
Manchmal, wenn ich der Ostsee den Rücken wende, der alten Frau, sehe ich in das schwedische Land Schonen hinein, die Ostsee plätschert, ich guck gar nicht hin. Denn wir sind verheiratet, seit ... zig Jahren – wir kennen uns, lieben uns, haben uns ganz leicht über, gehen mitunter ein bißchen auseinander, betrügen uns (ich sie mit der Nordsee, sie mich mit der Literatur auf Hiddensee –) – vor mir liegt Schonen. Ein hübsches Land; hier, wo ich sitze und meins in die Schreibmaschine klappere, ist es leicht gewellt, gar nicht so »flach wie ein Eierkuchen ....« Manchmal wohnen da Menschen, aber es sind hierorts nicht viel; das Badepublikum setzt sich aus 6 (sechs) Häuptern zusammen. Meinst du, es wäre eine hübsche Frau dabei? Keine ist dabei. Aber so ist es immer.
[Kurt Tucholsky - Heimweh nach den großen Städten]