Gerade noch rechtzeitig.
Gerade noch rechtzeitig.
In jeder Sekunde sträubt sich alles in mir. Nur noch ein Gedanke: weg, raus in die Sonne, nach Hause, hinlegen. Letzte Nacht nur drei Stunden geschlafen. Ich habe den Stress nicht mehr unter Kontrolle. Das Gefühl, die Aufgaben nicht bewältigen zu können, das mich normalerweise nur in kontrollierten Kleinstfluchten z. B. in die Blogwelt treibt, hat in den letzten Tagen Besitz von mir ergriffen, lähmt mich und wird so zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Für zuviele Dinge gleichzeitig verantwortlich, organisatorisch und inhaltlich, ich kann mich nicht mehr konzentrieren und nach einer Minute ist Gelesenes oder Gehörtes schon vergessen. Einen meiner Fertigstellungstermine habe ich eben gottseidank schon selbstherrlich von heute auf Montag verschieben können, soll die Augenbrauen hochziehen wer will. Andere muss ich dagegen durchziehen, wie z. B. gleich die mehrstündige Veranstaltung, bei der eine andere Arbeit, die ich letzte Woche beendet habe, auseinandergenommen wird. Danach raus hier. Hoffnung auf morgen und Sehnsucht auf die Zeit nach dem 20. Dezember, wenn erst Ruhe einkehren wird, in der ich auch wieder darüber nachdenken kann, was bei mir gerade grundsätzlich schief läuft.
Heute musste ich raus, trotz unangenehmem Novemberwetter. Vor ein paar Tagen merkte ich, dass ich in den ganzen letzten Wochen durch den Umzug und die vielen zu erledigenden Dinge nie spazieren war und wie sehr mir der Geruch von frischem Laub fehlt. Am späten, trüben Nachmittag stiefelte ich los in Richtung Weiher und Wald. Mir fiel auf, dass die einzigen unter 70, die ganz normal spazieren gingen, Kinderwagen schiebende Eltern waren. Ansonsten scheint man sich sonntagnachmittags draußen nurmehr zum Joggen oder Herumeiern aufzuhalten, mit oder ohne klappernde Stöcke. Als ich an den Weihern ankam, dämmerte es schon und es blies ein heftiger Wind, der sich laut im meterhohen Schilf verfing. Ich lief weiter in den Wald, und zwischen all den Nadelbäumen fiel mir wieder auf, wie sehr ich hier den echten Laubwald vermisse, so wie es ihn an der Stadtgrenze zu Mülheim gab, wo ich aufgewachsen bin. Dort fuhr ich als Kind und Jugendlicher viel mit dem Fahrrad herum, meist alleine; ich liebte es, die Wege zu verlassen und vor allem im Herbst, mit den Füßen durch das hohe Laub zu stiefeln. Dieser Wald mit seinem ununterbrochenen Rauschen der nahen Autobahn war die richtige Kulisse für meine Einsamkeit, denn einsam und traurig fühlte ich mich oft, und dort konnte ich das Gefühl zelebrieren. Einmal, als es besonders heftig war, zog ich mich sogar aus, mitten im Wald. So stand ich da, ein kleiner Junge, nackt zwischen den Bäumen. Hätte mich nicht ein alter Mann entdeckt, der mir eine kräftige Ohrfeige gab, vielleicht wäre es zur Gewohnheit geworden.
In diesem Alter, so ungefähr mit sieben oder acht, legte ich mir auch einen ganz bestimmten Traum zurecht, in den ich mich meist abends vor dem Einschlafen einrollte. Ich liege in einem dunklen Waldstück, weitab vom Weg, und kann mich nicht vom Fleck rühren. Mein Bein ist gebrochen, ich rufe lange um Hilfe. Irgendwann läuft zufällig sie in der Nähe vorbei, wird auf mich aufmerksam und findet mich. Sie hebt mich hoch, ich halte mich an ihren Schultern fest, und sie trägt mich aus dem Wald, ruft einen Krankenwagen und begleitet mich zum Krankenhaus. Natürlich nicht, ohne mir in die Augen zu sehen und sich in mich zu verlieben. In der zweiten Variante des Traums tauschten wir die Rollen; diesmal war sie verletzt und ich derjenige, der sie finden würde.
Ich habe diesen Traum geliebt. Die Besetzung der weiblichen Rolle darin war, im Nachhinein gesehen, offenbar nebensächlich, meist war es ein Mädchen aus meiner jeweiligen Klasse, das mir gefiel und an das ich meine Sehnsucht knüpfen konnte. Die schöne Traurigkeit und mein Selbstmitleid waren stark und ich konnte sie auch als Jugendlicher noch stundenlang konservieren, wenn ich zuhause im dunklen Zimmer auf meinem Schrank saß, nach draußen auf die im Laternenlicht nass glitzernde Straße sah und passende Musik hörte, wobei ich ab und zu hinunter steigen musste, um den Tonarm vom Plattenspieler wieder an den Anfang zu setzen.
Heute sind von diesem Gefühl nur noch Schemen geblieben. So schwach, dass es nach ein oder zwei abschweifenden Gedanken wieder entgleitet. Die Zeit ist vorbei; ich weiß, dass ich niemanden mehr retten muss, um in meinem Wesen erkannt zu werden, und auch mich muss niemand mehr aus meiner Einsamkeit tragen. Meine Ehe war vielleicht der letzte Versuch dieses Lebensgefühls, sich durchzusetzen. Nur manchmal noch, selten, ruft es mich jetzt von weitem, besonders im Herbst. Und so konnte man heute im Halbdunkel sehen, wie eine Gestalt den Weg verließ und quer durch den Wald stolperte, zwischen eng stehenden Baumstämmen hindurch über Brombeersträucher und gefallene Äste. Wäre es nicht derart feuchtkalt gewesen, sie hätte sich womöglich mittendrin auf den weichen Boden gelegt und eine Weile so verharrt, regungslos.
In diesem Alter, so ungefähr mit sieben oder acht, legte ich mir auch einen ganz bestimmten Traum zurecht, in den ich mich meist abends vor dem Einschlafen einrollte. Ich liege in einem dunklen Waldstück, weitab vom Weg, und kann mich nicht vom Fleck rühren. Mein Bein ist gebrochen, ich rufe lange um Hilfe. Irgendwann läuft zufällig sie in der Nähe vorbei, wird auf mich aufmerksam und findet mich. Sie hebt mich hoch, ich halte mich an ihren Schultern fest, und sie trägt mich aus dem Wald, ruft einen Krankenwagen und begleitet mich zum Krankenhaus. Natürlich nicht, ohne mir in die Augen zu sehen und sich in mich zu verlieben. In der zweiten Variante des Traums tauschten wir die Rollen; diesmal war sie verletzt und ich derjenige, der sie finden würde.
Heute sind von diesem Gefühl nur noch Schemen geblieben. So schwach, dass es nach ein oder zwei abschweifenden Gedanken wieder entgleitet. Die Zeit ist vorbei; ich weiß, dass ich niemanden mehr retten muss, um in meinem Wesen erkannt zu werden, und auch mich muss niemand mehr aus meiner Einsamkeit tragen. Meine Ehe war vielleicht der letzte Versuch dieses Lebensgefühls, sich durchzusetzen. Nur manchmal noch, selten, ruft es mich jetzt von weitem, besonders im Herbst. Und so konnte man heute im Halbdunkel sehen, wie eine Gestalt den Weg verließ und quer durch den Wald stolperte, zwischen eng stehenden Baumstämmen hindurch über Brombeersträucher und gefallene Äste. Wäre es nicht derart feuchtkalt gewesen, sie hätte sich womöglich mittendrin auf den weichen Boden gelegt und eine Weile so verharrt, regungslos.
Haben: Wunderbare CD von Nada Surf angekommen. Zuhause erfolgreich Drahtlosnetzwerk mit XP und Windows 2000 eingerichtet (Vom Notebook aus drucken! Wieder Platz für Fotos! Parallel mit der Möwe surfen!). DSL geht auch wieder. Von der Möwe Tagliatelle mit Hähnchen, Kirschtomaten, Pinienkernen und handgemachtem Pesto gekocht bekommen.
Soll: 4 Minusstunden auf der Arbeit wg. plötzlicher, tiefer Herbsttraurigkeit am Nachmittag. Auf dem Nachhauseweg an der Stelle, wo ich in den letzten sechs Wochen schon sieben Auffahrunfälle gesehen habe (Autobahneinfahrt mit Stopschild), Opfer eines ebensolchen Auffahrunfalls geworden (mittlerer Blechschaden, Heck vermutlich verzogen). Abends Anruf der Käuferin, die am Montag die gebrauchte, zuvor einwandfrei funktionsfähige Spülmaschine gekauft hat: Pumpe kaputt. Geeinigt, Geld teilweise zurückzuzahlen. Wunderbare CD von Nada Surf im Büro liegenlassen.
Mit einem Wort: Durchwachsen.
Soll: 4 Minusstunden auf der Arbeit wg. plötzlicher, tiefer Herbsttraurigkeit am Nachmittag. Auf dem Nachhauseweg an der Stelle, wo ich in den letzten sechs Wochen schon sieben Auffahrunfälle gesehen habe (Autobahneinfahrt mit Stopschild), Opfer eines ebensolchen Auffahrunfalls geworden (mittlerer Blechschaden, Heck vermutlich verzogen). Abends Anruf der Käuferin, die am Montag die gebrauchte, zuvor einwandfrei funktionsfähige Spülmaschine gekauft hat: Pumpe kaputt. Geeinigt, Geld teilweise zurückzuzahlen. Wunderbare CD von Nada Surf im Büro liegenlassen.
Mit einem Wort: Durchwachsen.
Schon seit einem Dreivierteljahr verweigere ich erfolgreich die Annahme von Blogger-Stöckchen. Und Ihr wisst gar nicht, wieviel Überwindung mich das jedesmal kostet! Aber nachdem ich jetzt erneut von zwei Seiten freundlich beworfen wurde (und weil's gerade passt), will ich mal nicht so sein.
Fünf Dinge, die ich nicht habe, aber gerne hätte
Verhandlungssicherheit
so eine bretonische Insel mit Fort
die Fähigkeit, Songs zu schreiben
eine LaSpaziale S1 Vivaldi
noch zwei Wochen richtigen Urlaub (nach drei Wochen Umzug)
Fünf Dinge, die ich habe, aber lieber nicht hätte
den letzten freien Tag heute
Schlafprobleme, regelmäßig
wenig Durchhaltevermögen (körperlich, geistig)
einen Bauchansatz
noch nicht erledigte Steuererklärungen für '04 und '05
Fünf Dinge, die ich nicht habe und froh bin, nicht zu haben
Schulden
ernsthafte Krankheit oder Allergie
Verbitterung
zuviel Besitz
Bezahlfernsehen
Fünf Dinge, die ich habe und gerne habe
Gottvertrauen
ein Leben zusammen mit der Möwe (jetzt auch unter einem Dach)
meine Söhne, meine Familie, meine Freunde
Arbeit
meine Augen und Ohren
Und das nächste Stöckchen gibt es frühestens im Sommer 2007, dass das mal klar ist. Wenn mir mein Durchhaltevermögen nicht dazwischen kommt.
Fünf Dinge, die ich nicht habe, aber gerne hätte
Verhandlungssicherheit
so eine bretonische Insel mit Fort
die Fähigkeit, Songs zu schreiben
eine LaSpaziale S1 Vivaldi
noch zwei Wochen richtigen Urlaub (nach drei Wochen Umzug)
Fünf Dinge, die ich habe, aber lieber nicht hätte
den letzten freien Tag heute
Schlafprobleme, regelmäßig
wenig Durchhaltevermögen (körperlich, geistig)
einen Bauchansatz
noch nicht erledigte Steuererklärungen für '04 und '05
Fünf Dinge, die ich nicht habe und froh bin, nicht zu haben
Schulden
ernsthafte Krankheit oder Allergie
Verbitterung
zuviel Besitz
Bezahlfernsehen
Fünf Dinge, die ich habe und gerne habe
Gottvertrauen
ein Leben zusammen mit der Möwe (jetzt auch unter einem Dach)
meine Söhne, meine Familie, meine Freunde
Arbeit
meine Augen und Ohren
Und das nächste Stöckchen gibt es frühestens im Sommer 2007, dass das mal klar ist. Wenn mir mein Durchhaltevermögen nicht dazwischen kommt.
Hin- und hergerissen sein. Einerseits genießen, dass die Arbeit wieder Spaß macht. Das Gefühl, gemeinsam im Team was auf die Beine zu stellen, nachdem die Organisation so lange gelähmt war. Dennoch die Befürchtung, wie das Erreichte in den nächsten 15 Monaten wieder Stück für Stück von vermeintlichen Sachzwängen aufgefressen wird, bis am Ende eine grotesk verzerrte Form übrig bleibt, aus der wichtige Eigenschaften herausgenommen, im Gegenzug Pillepalle hineingepresst wurde von Leuten, die gute Ideen schon deshalb zerpflücken müssen, um ihre eigene Wichtigkeit im Unternehmen zu unterstreichen. Sicher, das ist im Moment Spekulation, aber es sollte mich schon sehr überraschen, wenn es ausnahmsweise anders wäre.
Dazu das Wissen, dass es einfach zuviel ist. Heute, morgen, übermorgen kulminiert der Stress, ich darf in jeweils vierstündigen Reviews (kennt eigentlich jemand ein gutes deutsches Wort?) meine drei Dokumente mit Produktspezifikationen freigeben, die in den letzten Wochen entstanden sind. Jeweils mit Telefonkonferenz in die Staaten, Netmeeting etc. und nicht zu vergessen zum ersten Mal in einem größeren Kreis, der einerseits immer noch in der alten Produktwelt lebt, die wir gerade verlassen, andererseits vom neuen Produkt erwartet, es werde nun endlich nicht nur alle Anforderungen der bestehenden, sondern auch noch der zukünftigen Welt umsetzen, in einer Entwicklungszeit, die ein Bruchteil der bisherigen sein soll.
Wie gesagt, ich bin zwiespältig, denn - und das ist verdammt nicht wenig - es macht seit langem auch wieder Freude. Sehen, dass etwas Sinnvolles entsteht, dass ich auch »schwierige« Kollegen für meine Vorstellungen gewinnen kann, mich von ihrer völlig anderen Denk- und Arbeitsweise nicht verrückt machen lasse, sondern sie als Bereicherung akzeptiere. Ein eher anstrengender Kollege beispielsweise, der tatsächlich einen bis auf die letzte Stunde ausgestalteten Plan für die vergangenen vier Wochen geschrieben und ständig auf dem Laufenden gehalten hat, ohne den wir (vor allem auch ich) unweigerlich den Faden verloren hätten. Daneben die Hoffnung, vielleicht am Ende doch die wichtigsten Ideen bis ins Produkt zu bringen.
Nebenher laufen die Umzugsvorbereitungen, um die ich mich im Moment noch kaum kümmern kann, was dagegen die Möwe tut, der ich dafür sehr dankbar bin. Und auch, wenn ich im Moment an der Ecke nichts ausrichten kann, beschäftigt mich sehr, dass mein Großer sich in den letzten Monaten immer mehr in etwas hereinsteigert, dass er nicht mehr zu mir kommen will, aber auch nicht mehr in seinen geliebten Fußballverein geht, dass er versucht, seine Mutter auf Schritt und Tritt festzunageln, nicht mal mehr ein paar Stunden bei seinen Großeltern bleiben will. Die Psychologin meint etwas von »Zwangsdenken«, hat aber offenbar auch nach mehreren Wochen noch keinerlei Rat, wie wir ihn aus diesem Film wieder rausbekommen. Das Schlimmste ist, zu sehen, wie unglücklich er selbst dabei ist. Auf der anderen Seite wissen, dass es nicht gut sein kann, wenn ein Neunjähriger mit seinem Verhalten über längere Zeit mittelbar bestimmt, wie sein kleiner Bruder sowie mehrere Erwachsene ihre Zeit verbringen. Dazu, von hier aus der Ferne mit den paar Telefonaten keinerlei Hebel zu haben, nicht an ihn ranzukommen - und zu mir kommen ist ja nicht mehr drin. (Glauben Sie mir, das hat keinen Zweck, ihn zu zwingen.) Ich vermisse die beiden.
Alles in allem laufe ich im roten Bereich. So, dass ich aus Angst vor Unaufmerksamkeit im Verkehr den Rest der Woche lieber mit dem Bus zur Arbeit fahre. Und mich auf die nächsten zwei Wochen freue, in denen wir endlich umziehen. Zwei Wochen Urlaub von der Arbeit. Wo ich nur schleppen, schrauben, wenig denken oder erklären muss. Die neue Wohnung wird schön. Dann wird auch der Kreisel in meinem Kopf aufhören sich zu drehen und ich schlafe wieder durch.
Dazu das Wissen, dass es einfach zuviel ist. Heute, morgen, übermorgen kulminiert der Stress, ich darf in jeweils vierstündigen Reviews (kennt eigentlich jemand ein gutes deutsches Wort?) meine drei Dokumente mit Produktspezifikationen freigeben, die in den letzten Wochen entstanden sind. Jeweils mit Telefonkonferenz in die Staaten, Netmeeting etc. und nicht zu vergessen zum ersten Mal in einem größeren Kreis, der einerseits immer noch in der alten Produktwelt lebt, die wir gerade verlassen, andererseits vom neuen Produkt erwartet, es werde nun endlich nicht nur alle Anforderungen der bestehenden, sondern auch noch der zukünftigen Welt umsetzen, in einer Entwicklungszeit, die ein Bruchteil der bisherigen sein soll.
Wie gesagt, ich bin zwiespältig, denn - und das ist verdammt nicht wenig - es macht seit langem auch wieder Freude. Sehen, dass etwas Sinnvolles entsteht, dass ich auch »schwierige« Kollegen für meine Vorstellungen gewinnen kann, mich von ihrer völlig anderen Denk- und Arbeitsweise nicht verrückt machen lasse, sondern sie als Bereicherung akzeptiere. Ein eher anstrengender Kollege beispielsweise, der tatsächlich einen bis auf die letzte Stunde ausgestalteten Plan für die vergangenen vier Wochen geschrieben und ständig auf dem Laufenden gehalten hat, ohne den wir (vor allem auch ich) unweigerlich den Faden verloren hätten. Daneben die Hoffnung, vielleicht am Ende doch die wichtigsten Ideen bis ins Produkt zu bringen.
Nebenher laufen die Umzugsvorbereitungen, um die ich mich im Moment noch kaum kümmern kann, was dagegen die Möwe tut, der ich dafür sehr dankbar bin. Und auch, wenn ich im Moment an der Ecke nichts ausrichten kann, beschäftigt mich sehr, dass mein Großer sich in den letzten Monaten immer mehr in etwas hereinsteigert, dass er nicht mehr zu mir kommen will, aber auch nicht mehr in seinen geliebten Fußballverein geht, dass er versucht, seine Mutter auf Schritt und Tritt festzunageln, nicht mal mehr ein paar Stunden bei seinen Großeltern bleiben will. Die Psychologin meint etwas von »Zwangsdenken«, hat aber offenbar auch nach mehreren Wochen noch keinerlei Rat, wie wir ihn aus diesem Film wieder rausbekommen. Das Schlimmste ist, zu sehen, wie unglücklich er selbst dabei ist. Auf der anderen Seite wissen, dass es nicht gut sein kann, wenn ein Neunjähriger mit seinem Verhalten über längere Zeit mittelbar bestimmt, wie sein kleiner Bruder sowie mehrere Erwachsene ihre Zeit verbringen. Dazu, von hier aus der Ferne mit den paar Telefonaten keinerlei Hebel zu haben, nicht an ihn ranzukommen - und zu mir kommen ist ja nicht mehr drin. (Glauben Sie mir, das hat keinen Zweck, ihn zu zwingen.) Ich vermisse die beiden.
Alles in allem laufe ich im roten Bereich. So, dass ich aus Angst vor Unaufmerksamkeit im Verkehr den Rest der Woche lieber mit dem Bus zur Arbeit fahre. Und mich auf die nächsten zwei Wochen freue, in denen wir endlich umziehen. Zwei Wochen Urlaub von der Arbeit. Wo ich nur schleppen, schrauben, wenig denken oder erklären muss. Die neue Wohnung wird schön. Dann wird auch der Kreisel in meinem Kopf aufhören sich zu drehen und ich schlafe wieder durch.
Drei Tage Seminar in der Rhön zu Persönlichkeit und Kommunikation. Verschiedene Typisierungen für Persönlichkeit kennengelernt, für Ich-Zustände, für Kommunikationsebenen und wie sie sich in der Praxis verwenden lassen. Nicht, um andere zu manipulieren, sondern mehr, um sie zu verstehen, sich von seinem eigenen Weltbild zu emanzipieren und anzuerkennen, dass (und wie) andere nun mal anders als ich selbst ticken können. Hochspannend. Und in der vertrauten, harmonischen Gruppe, mit der ich dieses und frühere Seminare verbracht habe, auch sehr offen, so dass in den Übungen manches zu Tage kommen durfte.
Schön, wieder mehr Konzepte und Begriffe zur Verfügung zu haben, um Kommunikationsvorgänge analysieren zu können, vor allem, wenn sie schief gegangen sind, und erfolgreichere Alternativen zu finden. Insbesondere habe ich auch wieder etwas über mich gelernt. Oder sagen wir so: Die Tatsache, dass ich mit meinen Vorlieben und Schwächen durchaus nicht alleine dastehe, dass sich viele meiner problematischen Seiten geradezu aus meinem Persönlichkeitstyp ergeben, tröstet mich, lässt mich irgendwie innerlich ruhiger werden. Weniger, weil ich jetzt eine tolle Entschuldigung hätte, nichts mehr weiter dagegen zu tun, dass ich an manchen Aufgaben regelmäßig scheitere. Aber das Gefühl ist geringer, zu versagen angesichts so vieler Anderer, die dieselben Hürden mit Leichtigkeit zu nehmen scheinen, wenn sie sie überhaupt als solche wahrnehmen.
Jaja, ich weiß, Sie wollen mir jetzt antworten, dass man Menschen nicht in Schubladen stecken darf, wir sind schließlich alle Individuen usw. Richtig. Und dennoch sind die einen extrovertierter als die anderen, lieben die einen mehr die Fakten und die anderen die Vorstellung und so fort. Mit einer gewissen Menge solcher Kriterien lassen sich hilfreiche Muster und Typen finden, und das Gute daran ist: Jeder Typ hat seine Stärken. Der minutiöse Planer und der lockere Drauflosmacher brauchen sich gegenseitig, damit einerseits klar ist, wie die weiteren Schritte zum Ziel aussehen sollen und man andererseits flexibel auf plötzliche Hindernisse reagiert. Leider - und hier spreche ich zuallererst von mir selbst - ist es schwer, manche Eigenschaften nicht höher oder geringer zu werten als andere. Plan, Struktur, Selbstdisziplin - ein Dauerthema für mich, ein Dauerkampf. Verdammt, wie oft fühl ich mich mies deswegen, weil ich immer wieder den Eindruck habe, mir durch mein Defizit an dieser Stelle etwas zu versauen. Ich bekomme so oft positives Feedback (auch wieder in den letzten Tagen) und will es doch nicht glauben. Mit dem Kopf geht das, ja, aber mein Bauch will nicht zuhören.
Was ich seit jeher mit mir rumtrage, wird sich wohl so schnell nicht ändern. Aber vielleicht kann ich jetzt etwas gelassener mit mir umgehen, blockiere mich nicht mehr so schnell mit meinen Anforderungen selbst. Kleine Lösungen: Zum Beispiel, indem ich einen Kollegen offen bitte, mich vor einem Termin nochmal zu erinnern. Oder kleinere, klar umrissene Arbeitspakete definiere. Oder mich z. B. wie letzte Woche dafür einsetze, in ein anderes Büro zu ziehen, wo diejenigen sitzen, mit denen ich in den nächsten Monaten hauptsächlich zusammenarbeiten muss (und deren pure Gegenwart mich motivieren wird, trotz der derzeitigen Unklarheiten in der Firma nicht in Lähmung zu verfallen). Mal sehen. Im Moment fühlt es sich gut an.
Schön, wieder mehr Konzepte und Begriffe zur Verfügung zu haben, um Kommunikationsvorgänge analysieren zu können, vor allem, wenn sie schief gegangen sind, und erfolgreichere Alternativen zu finden. Insbesondere habe ich auch wieder etwas über mich gelernt. Oder sagen wir so: Die Tatsache, dass ich mit meinen Vorlieben und Schwächen durchaus nicht alleine dastehe, dass sich viele meiner problematischen Seiten geradezu aus meinem Persönlichkeitstyp ergeben, tröstet mich, lässt mich irgendwie innerlich ruhiger werden. Weniger, weil ich jetzt eine tolle Entschuldigung hätte, nichts mehr weiter dagegen zu tun, dass ich an manchen Aufgaben regelmäßig scheitere. Aber das Gefühl ist geringer, zu versagen angesichts so vieler Anderer, die dieselben Hürden mit Leichtigkeit zu nehmen scheinen, wenn sie sie überhaupt als solche wahrnehmen.
Jaja, ich weiß, Sie wollen mir jetzt antworten, dass man Menschen nicht in Schubladen stecken darf, wir sind schließlich alle Individuen usw. Richtig. Und dennoch sind die einen extrovertierter als die anderen, lieben die einen mehr die Fakten und die anderen die Vorstellung und so fort. Mit einer gewissen Menge solcher Kriterien lassen sich hilfreiche Muster und Typen finden, und das Gute daran ist: Jeder Typ hat seine Stärken. Der minutiöse Planer und der lockere Drauflosmacher brauchen sich gegenseitig, damit einerseits klar ist, wie die weiteren Schritte zum Ziel aussehen sollen und man andererseits flexibel auf plötzliche Hindernisse reagiert. Leider - und hier spreche ich zuallererst von mir selbst - ist es schwer, manche Eigenschaften nicht höher oder geringer zu werten als andere. Plan, Struktur, Selbstdisziplin - ein Dauerthema für mich, ein Dauerkampf. Verdammt, wie oft fühl ich mich mies deswegen, weil ich immer wieder den Eindruck habe, mir durch mein Defizit an dieser Stelle etwas zu versauen. Ich bekomme so oft positives Feedback (auch wieder in den letzten Tagen) und will es doch nicht glauben. Mit dem Kopf geht das, ja, aber mein Bauch will nicht zuhören.
Was ich seit jeher mit mir rumtrage, wird sich wohl so schnell nicht ändern. Aber vielleicht kann ich jetzt etwas gelassener mit mir umgehen, blockiere mich nicht mehr so schnell mit meinen Anforderungen selbst. Kleine Lösungen: Zum Beispiel, indem ich einen Kollegen offen bitte, mich vor einem Termin nochmal zu erinnern. Oder kleinere, klar umrissene Arbeitspakete definiere. Oder mich z. B. wie letzte Woche dafür einsetze, in ein anderes Büro zu ziehen, wo diejenigen sitzen, mit denen ich in den nächsten Monaten hauptsächlich zusammenarbeiten muss (und deren pure Gegenwart mich motivieren wird, trotz der derzeitigen Unklarheiten in der Firma nicht in Lähmung zu verfallen). Mal sehen. Im Moment fühlt es sich gut an.
Lust, mal wieder eine Coladose die Straße entlang kicken zu können.