Olympische Spiele eröffnetOk, dann mal zwei Wochen keine Schlagzeilen mehr lesen.
Turin - Die XX. Olympischen Winterspiele in Turin sind eröffnet. Um 22.09 Uhr sprach der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi die traditionelle Eröffnungsformel: „Ich erkläre die XX. Olympischen Winterspiele in Turin für eröffnet.” (dpa, kein permalink)
Ist es überhaupt sinnvoll, eine Abbildung selbst mit dem Prädikat wahr oder falsch zu versehen, oder entsteht Wahrheit und Authentizität erst im Kontext und der (beabsichtigten) Interpretation? Anders gefragt: Inwiefern können Fotografien lügen und wo finge die Lüge dann an? Bei der Bildunterschrift? Dem Ausschnitt? Der Veränderung von Kontrast- und Lichtwerten? Von Oberflächen und Konturen? Erst mit Schnitt und Montage? Inszenierten Bildern? Was würde ein Werbefachmann dazu zu sagen haben, was ein Dokumentarfotograf, ein Nachrichtenjournalist, ein Militärsprecher?
Mit dieser Fragenwolke im Kopf ging ich gestern in die Ausstellung »Bilder, die lügen« im Museum Industriekultur Nürnberg, die als Wanderausstellung über einige Jahre durch die Bundesrepublik tourte und heute ihren letzten Tag hatte. Leider wurde nicht ansatzweise darauf eingegangen.
Was sie zeigt, und das streckenweise durchaus unterhaltsam, ist eine Stoffsammlung. Manipulationsbeispiele aus der Geschichte von Fotografie und Fernsehen, angefangen mit den allseits bekannten Stalin-Fotografien, aus denen Jahr für Jahr weitere unliebsam gewordene Personen verschwanden bis hin zum immer noch die Gemüter beschäftigenden vermeintlichen Schlagstock Jürgen Trittins. Die Macher der Ausstellung (uh, fürchterliches Wort) haben diese Sammlung mehr oder weniger beliebig nach Buchstaben von A bis Z gegliedert. Eine denkbar schlechte Wahl. So stehen B wie Michael Born neben C wie Comic, E wie Entnazifizierung neben F wie Führermythos, U wie Ufologie und W wie Werbung undsoweiter ohne Zusammenhang nebeneinander, für jeden Buchstaben eine Wand, alles vermeintlich gleichwertig: Methoden, Manipulatoren, Epochen, Inhalte.
Was hat die Zensur von Comics (z. B. das Verschwinden eines »Mein-K*mpf«-Buchs in einem Donald-Duck-Strip) mit dem Thema lügender Bilder zu tun? Was die offen als Manipulation erkennbare Methode des »Morphings« von Prominentenbildern zu Satirezwecken? Was um alles in der Welt hat die Wand »Optische Täuschung« in der Ausstellung zu suchen?
wie der Ausschnitt die Aussage bestimmt
Und die Inhalte selbst sind leider dünn. Die spannendste Frage, nämlich wo die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge gesteckt wird, ob sie absolut ist oder je nach Kontext verschieden sein kann, wird wie gesagt nur kaum angeschnitten. Die Wand zum Thema Werbung, wo wahrscheinlich am meisten manipuliert werden dürfte, zeigt nur irgendwelche Anzeigenbilder ohne erkennbaren Zusammenhang (bis auf ein einziges Beispiel, nämlich wie ein paar farbige Arbeiter auf einem (Ford?-)Werbefoto in der polnischen Kampagne durch Weiße ersetzt wurden). Keine weitere Erklärungen, Einschätzungen, Zahlen. Nicht einmal ein Arbeitsbeispiel, wie in einer Agentur aus Einzelkomponenten Schritt für Schritt ein Gesamtbild gebastelt wird.
Dass - abgesehen von den wenigen nachträglich hinzugefügten Elementen unter Aktuelles - die ganzen digitalen Möglichkeiten von heute nur sehr wenig Raum finden, nun ja, was will man von einer 1998 konzipierten Ausstellung erwarten. Schade ist es dennoch, denn Qualität und Erschwinglichkeit der notwendigen Software sowie die schiere Quantität digital verarbeiteter und verbreiteter Bilder lassen Fragen der Glaubwürdigkeit von Fotografien (und inzwischen auch Filmen) bzw. Kennzeichnung von Manipulationen inzwischen wesentlich dringender werden.
Nun gut, die Wanderausstellung scheint sowieso beendet, zumindest habe ich keinen Hinweis auf weitere Städte gefunden, und das Museum Industriekultur, das jetzt für drei Monate für einen Umbau die Pforten schließt, hatte neben der Bilderaustellung auch noch schöne alte Motorräder, Dampfmaschinen und - für mich vor allem interessant - eindrückliche Nachbauten einiger Inneneinrichtungen aus der Zeit von 1910-1930 zu bieten. Darunter Geschäfte, ein Klassenzimmer, eine Zahnarztpraxis und eine typische Arbeiterwohnung (drei Fotos davon hier.) Auch erwähnenswert, dass die Angestellten so hilfsbereit und freundlich waren, wie ich es in Nürnberg schon lange nicht mehr erlebt hatte; ich durfte sogar fotografieren, alles zusammen wegen der bereits begonnenen Umbauarbeiten für nur zwei Euro Eintritt. Das muss man heute auch erst einmal finden.
Mit dieser Fragenwolke im Kopf ging ich gestern in die Ausstellung »Bilder, die lügen« im Museum Industriekultur Nürnberg, die als Wanderausstellung über einige Jahre durch die Bundesrepublik tourte und heute ihren letzten Tag hatte. Leider wurde nicht ansatzweise darauf eingegangen.
Was sie zeigt, und das streckenweise durchaus unterhaltsam, ist eine Stoffsammlung. Manipulationsbeispiele aus der Geschichte von Fotografie und Fernsehen, angefangen mit den allseits bekannten Stalin-Fotografien, aus denen Jahr für Jahr weitere unliebsam gewordene Personen verschwanden bis hin zum immer noch die Gemüter beschäftigenden vermeintlichen Schlagstock Jürgen Trittins. Die Macher der Ausstellung (uh, fürchterliches Wort) haben diese Sammlung mehr oder weniger beliebig nach Buchstaben von A bis Z gegliedert. Eine denkbar schlechte Wahl. So stehen B wie Michael Born neben C wie Comic, E wie Entnazifizierung neben F wie Führermythos, U wie Ufologie und W wie Werbung undsoweiter ohne Zusammenhang nebeneinander, für jeden Buchstaben eine Wand, alles vermeintlich gleichwertig: Methoden, Manipulatoren, Epochen, Inhalte.
Was hat die Zensur von Comics (z. B. das Verschwinden eines »Mein-K*mpf«-Buchs in einem Donald-Duck-Strip) mit dem Thema lügender Bilder zu tun? Was die offen als Manipulation erkennbare Methode des »Morphings« von Prominentenbildern zu Satirezwecken? Was um alles in der Welt hat die Wand »Optische Täuschung« in der Ausstellung zu suchen?
wie der Ausschnitt die Aussage bestimmt
Dass - abgesehen von den wenigen nachträglich hinzugefügten Elementen unter Aktuelles - die ganzen digitalen Möglichkeiten von heute nur sehr wenig Raum finden, nun ja, was will man von einer 1998 konzipierten Ausstellung erwarten. Schade ist es dennoch, denn Qualität und Erschwinglichkeit der notwendigen Software sowie die schiere Quantität digital verarbeiteter und verbreiteter Bilder lassen Fragen der Glaubwürdigkeit von Fotografien (und inzwischen auch Filmen) bzw. Kennzeichnung von Manipulationen inzwischen wesentlich dringender werden.
Nun gut, die Wanderausstellung scheint sowieso beendet, zumindest habe ich keinen Hinweis auf weitere Städte gefunden, und das Museum Industriekultur, das jetzt für drei Monate für einen Umbau die Pforten schließt, hatte neben der Bilderaustellung auch noch schöne alte Motorräder, Dampfmaschinen und - für mich vor allem interessant - eindrückliche Nachbauten einiger Inneneinrichtungen aus der Zeit von 1910-1930 zu bieten. Darunter Geschäfte, ein Klassenzimmer, eine Zahnarztpraxis und eine typische Arbeiterwohnung (drei Fotos davon hier.) Auch erwähnenswert, dass die Angestellten so hilfsbereit und freundlich waren, wie ich es in Nürnberg schon lange nicht mehr erlebt hatte; ich durfte sogar fotografieren, alles zusammen wegen der bereits begonnenen Umbauarbeiten für nur zwei Euro Eintritt. Das muss man heute auch erst einmal finden.
Ich besitze ja, wie hin und wieder erwähnt, keinen eigenen Fernseher. Aus gutem Grund, denn einerseits würde ich viel zu viel schauen, hätte ich einen, andererseits fehlt mir aber auch nichts ohne ihn. Bis auf eine Ausnahme: Wenn ich ein-, zweimal im Jahr richtig krank bin und den ganzen Tag banane auf der Couch liege. Dann könnte ich mich stundenlang berieseln lassen, je einfacher das Programm gestrickt, desto besser; so lässt es sich zwischendurch wieder ein Stündchen wegdämmern, später wacht man auf, glotzt einfach weiter und muss sich nicht ärgern, irgendetwas verpasst zu haben. Als ideal in dieser Hinsicht haben sich Gerichts-Soaps à la Salesch bewiesen, amerikanische Endlosserien oder aber Bob Ross, den ich entdeckt habe, seit meine Möwe auf DVB-T umsteigen musste und jetzt illustre Kanäle wie Phönix oder BR Alpha empfängt.
Bob freut sich
Bob Ross (vor zehn Jahren verstorben) war ein amerikanischer Maler, der mit einer eigenen Maltechnik und hunderten von TV-Sendungen bekannt wurde. Jede Sendung dauert ca. 20 Minuten, in denen der knuddelige Herr mit Bart und Afro jeweils ein scheußliches Bild vor den Augen der Zuschauer entstehen lässt. Der Ablauf ist immer gleich: Auf einen vorbereiteten Hintergrund pinselt und messert Bob Schicht für Schicht eine Fantasielandschaft. Seen mit Hütte, Berge mit Hütte, Wälder mit Hütte, nächtliches Meer ohne Hütte - alles gerne in leichtem Dunst, mit dramatischem Himmel und ausnahmslos in übertriebenen Farben.
Es gibt zwei Arten, diese Sendungen zu genießen:
A) Gebannt mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu zuschauen, wie rasant und handwerklich perfekt Bob mit wenigen Strichen aus dem Nichts und ohne Vorlage realistisch wirkende Strukturen schafft, sich gleichzeitig kopfschüttelnd fragend, wie man sein Talent nur mit diesem hoffnungslosen Kitsch vergeuden kann. Es gibt immer so einen Punkt in der Mitte der Sendung, an dem man denkt: »Ist zwar kitschig, aber noch gerade akzeptabel.« Aber anstatt dann aufzuhören, malt Bob immer weiter, hier noch einen Zaun, dort noch zwei Bäume, noch eine Veranda für die Hütte... so lange, bis wirklich alle denkbaren Klischees in die Szene eingebaut sind und einem die Augen verkleistern.
Oder B), Bobs fortwährendem, beruhigenden Gebrabbel zu lauschen, während er Farben mischt und herumpinselt. Seine Reihe heißt, sehr amerikanisch, »The Joy of Painting«, und entsprechend vermittelt er ununterbrochen die eine Botschaft: Malen ist toll, und du kannst es auch! (Natürlich nicht, ohne nebenher ein ganzes Imperium von Bob-Ross-Medien, Bob-Ross-Maluntensilien und Bob-Ross-Zertifizierungslehrgängen zu finanzieren.) So raunt er ohne Unterlass in Richtung des Zuschauers (»... we put some spots here with the knife, just some little spots, it's up to you, you decide where to put it, up to you. There! Now we take the blender brush... «), und wenn man sowieso schon angeschlagen ist, kann man sich irgendwann ganz der hypnotisierenden Wirkung überlassen und friedlich einschlummern.
Bob freut sich
Es gibt zwei Arten, diese Sendungen zu genießen:
A) Gebannt mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu zuschauen, wie rasant und handwerklich perfekt Bob mit wenigen Strichen aus dem Nichts und ohne Vorlage realistisch wirkende Strukturen schafft, sich gleichzeitig kopfschüttelnd fragend, wie man sein Talent nur mit diesem hoffnungslosen Kitsch vergeuden kann. Es gibt immer so einen Punkt in der Mitte der Sendung, an dem man denkt: »Ist zwar kitschig, aber noch gerade akzeptabel.« Aber anstatt dann aufzuhören, malt Bob immer weiter, hier noch einen Zaun, dort noch zwei Bäume, noch eine Veranda für die Hütte... so lange, bis wirklich alle denkbaren Klischees in die Szene eingebaut sind und einem die Augen verkleistern.
Oder B), Bobs fortwährendem, beruhigenden Gebrabbel zu lauschen, während er Farben mischt und herumpinselt. Seine Reihe heißt, sehr amerikanisch, »The Joy of Painting«, und entsprechend vermittelt er ununterbrochen die eine Botschaft: Malen ist toll, und du kannst es auch! (Natürlich nicht, ohne nebenher ein ganzes Imperium von Bob-Ross-Medien, Bob-Ross-Maluntensilien und Bob-Ross-Zertifizierungslehrgängen zu finanzieren.) So raunt er ohne Unterlass in Richtung des Zuschauers (»... we put some spots here with the knife, just some little spots, it's up to you, you decide where to put it, up to you. There! Now we take the blender brush... «), und wenn man sowieso schon angeschlagen ist, kann man sich irgendwann ganz der hypnotisierenden Wirkung überlassen und friedlich einschlummern.