Es fiele nicht schwer, mich süffisant über die Flugreisenden auszulassen, das Hotel an der türkischen Riviera (»all inclusive«) und insbesondere seine ausschließlich deutschen Gäste. Aber warum sollte ich. Die Reise war preiswert und unverhofft, das Essen war gut und an der gebotenen Animation muss man sich ja nicht beteiligen. Anfangs plagte mich noch eine innere Unruhe, die mir einflüsterte, alle Sehenswürdigkeiten der Umgebung abklappern und knipsen zu müssen. Doch dann erinnerte ich mich, wie durch und durch entspannend es ist, Zeit mit nichts anderem zuzubringen als am Strand zu liegen. Zurückgerechnet muss es wohl mit 19 gewesen sein, dass ich zuletzt mehr als zwei Tage hintereinander so verbracht hatte.

Im Schatten ein Buch lesen. Wieder den Liegestuhl in die Sonne schieben, die Augen schließen und die Wärme aufsaugen. Zwischendrin ins Meer springen und weiter draußen mit ausgezogener Badehose in der Hand umherschwimmen, innerlich grinsend über den teeniemäßig heimlichen Spaß. Noch abends nach Sommer riechen, nach Salz und Sonnenmilch. Sich im Spiegel gefallen, ausgeruht und entspannt, und wie die grünen Augen mit der Farbe im Gesicht plötzlich leuchten.

Dankbar sein, dass mich die Möwe an dem Montag zum Flughafen geschleppt hatte um diesen Last-Minute-Flug zu finden, wo sie selbst nicht einmal mitkommen konnte.
Sich angesichts der wenigen verfügbaren Tage vergleichsweise verbissen erholen zu wollen steht immer unter einem wackligen Stern. Entsprechend fuhren wir ausgerechnet in den vier Tagen fort, an denen uns zuhause ungeahnte Frühlingstemperaturen umschmeichelt hätten, wohingegen an der Ostsee dicke Wolken und ein steifer Wind mit gefühlten fünf Grad Celsius auf uns warteten. So liefen wir am Sonntagabend und den ganzen Montag über eingepackt samt Stirnband und Schal durch Prerow und Zingst. (Ich fand ja, die Möwe sah aus, als trüge sie Burka. Für diese zweifellos richtige Beobachtung erntete ich allerdings ein Grummeln.) Am endlos scheinenden, feinsandigen Strand war es wegen des Winds nicht lange auszuhalten, es sei denn, man setzte sich eine Weile in einen der wenigen hingewürfelten und freundlicherweise unverschlossenen Strandkörbe.

flatter. flatter. flap.
Was der Küstenbewohner über unser Kälteempfinden denkt, wurde uns unmissverständlich gedeutet, als wir im »italienischen« Eiscafé saßen, um uns bei einem Milchkaffee zu wärmen. Auf meine Bitte schloss einer der vier deutschen Jungspunde, die hinter der Theke lungerten, die offene Eingangstür zwar ohne Widerspruch, aber nur um sie schnurstracks hinter unserem Rücken wieder aufzureißen, als wir das Café wenig später wieder verließen.

Der nächste Tag bescherte uns mehr Wetterglück. So war zwar der Wind nicht weniger oder wärmer geworden, aber zwischen den vorbeifliegenden Wolken riß es immer wieder auf. Wir liehen uns Räder und radelten durch den großen, geschützten Wald zum Weststrand. Knorrig, moosig, versumpft. Mystisch.

Märchenwunderwald
Am Ende des Wegs schließlich der Strand. Kein Kommerz, keine Autoparkplätze im Umkreis von Kilometern, kaum Menschen. Nur Wellen, Himmel, geheimnisvoll wechselndes Licht und Bäume, die ihre knochigen Finger in den Wind reckten. Der Augenblick, für den sich die ganze weite Fahrt gelohnt hat.

Urlaub. Wenn alles andere weit weg ist.
Am nächsten Morgen ging es wieder zurück, mit einem Tag Fürstenwalde dazwischen (und ein paar Stunden Berlin, wo wir mit dem auch realiter erzsympathischen Herrn Undundund einen Kaffee getrunken haben) schließlich nach Hause, wo auf dem Balkon ungeahnte Sommertemperaturen umschmeicheln. Doof nur, dass die Möwe schon wieder arbeiten muss.

[Noch ein paar Fotos in den Kommentaren.]
Frohe Ostern, ihr Lieben.

am Hafen

00:25 Uhr (mehr in den Kommentaren)

dann schauen Sie doch mal auf Black&White vorbei. Und machen Sie mit.

neulich abends, auf dem Parkplatz

nachtflug

Beerenmond

(Johannisfriedhof, Nürnberg)