März 2007. Der Bundestag beschließt trotz einiger Bedenken Änderungen an Grund- und Luftsicherheitsgesetz, wonach in Zukunft die terroristische Geiselnahme eines Verkehrsflugzeugs einen Quasi-Verteidigungsfall darstelle, der einen Abschuss durch die Luftwaffe rechtfertige.

Juni 2007. Wie zu erwarten wird die Änderung erneut vom Bundesverfassungsgericht kassiert. Abschuss von Passagierflugzeugen und Einsatz der Bundeswehr im Inneren bleiben verboten.

Juli 2007. Noch in der Sommerpause legt der Innenminister einen Vorschlag auf den Tisch, wonach die terroristische Geiselnahme eines Flugzeugs einen Quasi-Raubüberfall darstelle. Die Zivilbevölkerung am Boden sei dabei als Geiseln, das Flugzeug als Täter zu interpretieren. Speziell geschulte Beamte der Bundespolizei dürften dann von Flugzeugen der Luftwaffe aus dem Täter den finalen Rettungsschuss verpassen.

September 2007. Der Bundestag beschließt das neue Luftsicherheitsgesetz trotz einiger Bedenken.

Dezember 2007. Das Bundesverfassungsgericht weist das Gesetz als verfassungswidrig zurück.

Dezember 2007. Eine Woche später präsentiert der Innenminister einen Vorschlag, wonach die terroristische Geiselnahme eines Flugzeugs einen Fall von Quasi-Vogelgrippe darstelle. Das Flugzeug sei hierbei als infiziertes Geflügel zu betrachten, das nach dem Tierseuchengesetz von speziell geschulten Beamten des Bundesverbraucherschutzministeriums (von Flugzeugen der Luftwaffe aus) abgeschossen werden dürfe.

usw. usf.
Die personenrechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind spricht nicht dagegen, in derartigen Fällen die Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermögensschaden anzusehen. Im Bereich der Arzthaftung gilt wie in jedem anderen Bereich der Vertragshaftung, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursachte Schaden zu ersetzen ist.
[Der BGH zu einer heutigen Entscheidung (VI ZR 48/06), nach der ein Gynäkologe nach missglückter Verhütungsbehandlung vollen Kindesunterhalt bis zur Volljährigkeit zu zahlen hat]
Natürlich müssen Ärzte für ihre Fehler haften. Aber in dieser Form, wo ein Kind auf immer daran erinnert wird, nie gewollt gewesen zu sein?
Ein Schild in einer neuseeländischen Stadt mit dem Piktogramm einer Überwachungskamera. Dazu der Text »Show us your good side« und unten, kleiner: »We're looking after you«.

Es reicht nicht, überwacht zu werden. Wer hier entlang geht, wird auch explizit aufgefordert, sich nicht mehr ungezwungen zu bewegen. Einem anonymen Uns muss gefallen, wie ich mich verhalte; nebenher wird unterstellt, man habe nicht nur eine ungute Seite, sondern auch vor, sie zu zeigen. Wer diese unsichtbaren Beobachter sind, wer sie nach welchen Kriterien ausgesucht hat, was sie dazu legitimiert, mich zu kontrollieren, was sie für meine gute Seite halten und was nicht, wird nicht deutlich, aber offenbar täte ich gut daran, es zu wissen.

Anderswo versucht man drumherum zu reden, dass, wer ins Visier einer Videoüberwachung gerät, von einer Sekunde auf die andere zum potentiellen Übeltäter wird, sobald er nur noch ein Haufen Pixel auf dem Schirm eines Überwachungszentrums ist. Hier ist man ehrlich, doch die Art und Weise, in der damit kokettiert wird, verursacht Übelkeit. Es geht nicht mehr um abstrakte oder reale Straßenkriminalität und ihre Bösewichte: Du selbst bist das Beobachtungsobjekt. Verhalte dich ja nicht merkwürdig. Wir haben dich im Blick.

»We're looking after you« - das ist noch die dazu passende, in Zuckerwatte gewickelte Drohung, wie sie ein Schutzgeldeintreiber nicht zynischer ausdrücken würde. Das Versprechen einer Fürsorge, die mich vor mir selber beschützen will, vor »Seiten« von mir und anderen, über die jetzt namenlose Security-Leute wachen. Die uns einreden muss, wir seien nicht in Ordnung, damit wir ihr bereitwillig unsere persönliche Freiheit opfern.

Eine Fürsorge, deren konsequenteste Form nur eines sein kann: das Gefängnis.
Wie lautet eigentlich die Frage, worauf eine bundesweite Schülerdatei (u. A.: »Schul- und Wohnortwechsel, soziale Stellung der Eltern, nationale Herkunft, Umgangssprache in der Familie«) die Antwort sein soll?
Hopp. Gleich mal ein paar Kirchen anzünden deswegen.
Merkwürdige Diskussionen überall. Aber schön, wie die Straße sowohl Rechten als auch Linken die Definitionshoheit über die Bedeutung nationaler Symbole aus der Hand genommen hat. Und wie sie sich jetzt winden und ärgern; Schönwetterpatrioten seien das alle, wahlweise, oder aber Nationalisten, oder gar keine echten Fußballfans, oder bierselige Fußballspackos, und dann noch diese Typen, die täglich verschiedene Trikots...

Wunderbar, diese Verwirrung. Dabei ist es ganz einfach. Deutschland sind wir, die wir uns nicht vorschreiben lassen, ob und wann wir Fähnchen ans Auto heften oder nicht, ob die aus China sein dürfen oder nicht, ob wir eine andere oder die deutsche Fahne hochhalten und ob die Fahne auch noch zu unserem Pass zu passen hat. Wir sind Deutschland, die mit den Nachbarn feiern, egal wo sie herkommen, ohne deshalb unsere eigene Herkunft zu verstecken. Wir leben gerne hier, sprechen gerne deutsch, mögen es bunt und hassen die Verstrahlten und Engstirnigen.

Endlich hat man mal gesehen, wie viele wir sind.
Verschiedene baden-württembergische Städte lassen jetzt von privaten Firmen den Müll entsorgen, der aufgrund des Streiks liegen bleibt. Die Logik des Mannheimer Bürgermeisters geht dabei so: Müll bleibt liegen, Müll zieht Ratten an, Ratten knabbern an (ganz offensichtlich haufenweise) herumliegenden, toten, H5N1-infizierten Vögeln. Ich finde, dem Herrn gebührt ein Kreativitätspreis für den gelungenen Versuch, gleich zwei Angstthemen (Vogelgrippe! Ratten!) miteinander zu verquicken, um sie als Munition auf einem ganz anderen Kriegsschauplatz (Tarifstreit) verwenden zu können.

Länder und Lobbyisten nutzen derweil die Gunst der Stunde, um die ab nächstem Jahr verbotenen Legebatterien vielleicht doch noch vor dem Auslaufen zu schützen. Seehofer soll schon einverstanden sein, heißt es. Die Stallpflicht ruft!

Nachdem Terrorismus und Tauschbörsen als Blankobegründungen für die Einschränkung von Bürgerrechten ja mittlerweile etwas langweilig geworden sind, könnte auch hier die Geflügelpest noch wertvolle Dienste leisten. Ich sage nur: Videoüberwachung von Parks und Grünanlagen. Auch wenn bei diesem Thema das Bedrohungspotenzial der demnächst zu erwartenden Millionen gewalttätiger Hooligans und Selbstmordattentäter derzeit sicher noch nicht ganz ausgeschöpft wurde.

Wie lautet eigentlich die Antwort der Privatwirtschaft? KFZ-Desinfektionsmatten für die Garage, Mundschutz, Vitamin C? Kleine Entenbeseitungsanlagen für den Hausgebrauch? Bislang scheint mir hier viel wertvolle Kaufkraft verschenkt zu werden.

So koche jeder sein eigenes Hühnersüppchen. Soll gut gegen Grippe sein, sagt man.
Politiker wollen Bundestrainer Jürgen Klinsmann angesichts der herben Pleite gegen Italien vor den Sportausschuss des Bundestages zitieren. Der CDU-Sportexperte Norbert Barthle sagte der «Bild»-Zeitung, Klinsmann solle dem Sportausschuss erklären, welches Konzept er habe und wie er Weltmeister werden wolle.
[...]
Die FDP-Sportexpertin Miriam Gruß betonte, bei der WM gehe es um ein «nationales Anliegen». Die Zeit sei knapp. «Weniger als 100 Tage vor der WM sollte Jürgen Klinsmann nicht mehr experimentieren müssen», sagte sie. Er solle dem Sportausschuss sein Konzept erklären. Es geht ja nicht nur darum, ob eine Mannschaft mal schlecht spielt, sondern um die Frage: Wie präsentiert sich Deutschland«, sagte Gruß. [Netzeitung]
März 2006: Die große Koalition nimmt nach kurzer Diskussion den Weltmeistertitel als Regierungsziel in den Koalitionsvertrag auf. Umfragewerte für Schwarz-Rot steigen exponentiell.
Juli 2006: Ein eigens einberufener parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in der WM-Vorrunde, insbesondere dem 2:6 gegen Ecuador. Klinsmann wird u. A. zur Frage angehört, warum er in der 64. Minute nicht auswechseln ließ.
Oktober 2006: Klinsmann wirft das Handtuch. Die Grünen legen ein eigenes Positionspapier zur Effektivität der Viererkette vor. Der Innenminister erwägt den Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Spiel. "Kampferfahrung, Schusssicherheit, Raumkontrolle - im Interesse Deutschlands dürfen wir nicht länger auf diese Fähigkeiten verzichten", so Schäuble.
Dezember 2006: Der Bundestag beschließt nahezu einstimmig, dass der Fußball-Bundestrainer ab sofort vom Bundeskanzler vorgeschlagen und als Mitglied des Kabinetts im Parlament auf die Verfassung vereidigt wird. Otto Rehagel wird neuer Fußballminister, Franz Beckenbauer sorgt als Staatsekretär wie üblich für reibungslosen Ablauf.
Keine Panik! Warnung vor Panikmache! Kein Anlass zur Panik! Bloß keine Panik! Panik ist fehl am Platz! Jetzt nur keine Panik! Nicht in Panik verfallen! Vorsicht ja, Panik nein! Kein Grund zur Panik! [usw.]

Edit: Alle, die nach dem Wort Pandemie gegoogelt haben: Bitte hier entlang.
Gestern im Radio, BR-Nachrichtenkanal, Bericht über die Schneeschäden in Ostbayern. Der Redakteur erzählt von zweistelligen Millionensummen, die vor allem für Gerät und zusätzlichen Winterdienst draufgegangen seien. Über eine Gemeinde, die kurzerhand mehr als dreißig »1-Euro-Kräfte« zum Schneeräumen einstellte. Es aber nicht dabei beließ, sondern - so der Radiomensch ohne Anflug von Ironie - wegen der »harten Arbeit und des kargen Lohns« ihnen zusätzlich...

...ein warmes Mittagessen spendierte.