Wie schön es wäre, wäre ich ein Frühaufsteher.
Frau Bauerfeind hat selbst nicht viel mitzuteilen, versucht in TV-Gesprächen, sich etwas forscher zu geben als sie ist und lacht dafür im nächsten Moment immer schüchtern-nervös ihr Gegenüber an: "Bin ich nicht schnucklig? Tu mir nix." Aber schnucklig ist sie, das muss man ihr lassen.
Passepartout macht Lust auf einen Berlinbesuch, in Wort und Bild.
Warum gewährt eine Firma frisch der Hochschule entronnenen Stellenbewerbern regelmäßig mehr Chancen als ihren erfahrenen Mitarbeitern?
Viele Ideen im Kopf. Was davon nicht regelmäßig wird, wird untergehen. Regelmäßigkeit: Wenig tut mir so gut und fällt gleichzeitig so schwer.
Den neuen Grönemeyer ertrage ich nicht. Nicht mal die Musik.
Repariertes Handy abgeholt. SMS darauf gefunden.


Heute noch was abschließen, dann drei Wochen frei, reiner Resturlaub. Die Möwe hat gestern drei Tage in einer kleinen Pension an der Ostsee gebucht. Schöne Aussichten.

Passt.
Frau Diagonale frug nach Ungewöhnlichkeiten über mich. Ich kann zwar nicht ganz ausschließen, die eine oder andere schon mal erwähnt zu haben, aber damit müssen wir wohl leben.
Im Alter zwischen 17 und 22 habe ich insgesamt fünf Tourneen mit einem italienischen Jugendchor verbracht. Als einziger Deutscher (anfangs ohne ein Wort Sprachkenntnis), meist ging es durch Italien und teilweise darüber hinaus. Sie schickten mir im Frühjahr immer Cassetten mit der Bassstimme und die Texte, damit ich mich vorbereiten konnte und im August fuhr ich dann nach Turin, von wo aus es für drei-vier Wochen rund ging.
Ich habe einmal (über die Künstlervermittlung des Arbeitsamts Düsseldorf) als Solo-Vibraphonist eine Vernissage beim Bundesvorstand des Deutschen Beamtenbunds in Königswinter begleitet. War letztlich mein einziger Auftritt überhaupt, was aber nichts mit diesem Abend zu tun hatte.
Ich liebe Krankenhäuser. Den Geruch, die Atmosphäre. Weder fand ich es schlimm, selbst darin zu liegen (die Mandel-OP im Alter von 5 mal ausgenommen), noch, andere zu besuchen und erst recht nicht, als Zivildienstleistender selbst auf einer Station zu arbeiten. Ein Ort, an dem man vor dem Wesentlichen nicht fliehen kann.
Ach ja, kurios in dem Zusammenhang sicher auch, wie eine Schwesternschülerin und ich eine Tote in einer Odyssee durch das halbe Krankenhaus und düster-filmreife Kellergänge geschoben haben, nur um sie zur Hauptbesuchszeit zum kleinen Häuschen bringen zu können, wo die Leichen aufbewahrt wurden, ohne dabei die Besucherströme zu kreuzen.
Ich habe als Jugendlicher einmal an einem landesweiten Lyrikwettbewerb teilgenommen und landete mit zwei Gedichten in einem Sammelband.
Ich kann seit 20 Jahren nicht mehr duschen, ohne zum Schluss das Warmwasser abzudrehen und nochmal von unten bis oben kalt abzubrausen. Was für ein Wohlgefühl danach!
Sie kennen sicher die Hypothese, wonach jeder Mensch mit jedem über maximal fünf andere dazwischen verbunden ist, die sich jeweils paarweise gegenseitig kennen. In diesem Sinn habe ich am Samstag festgestellt, dass zwischen mir und dem künftigen bayerischen Ministerpräsidenten exakt eine weitere Person steht. Damit wäre ich mit höchstens vier Sprüngen schon bei allen möglichen Staatsoberhäuptern.

Winter zu Gast

...der Lego-Truck, den ich mir zu Weihnachten geschenkt habe
Es gibt zwei Sorten von Menschen: Albumhörer und Singlehörer.


Albumhörer besorgen sich Studioalben.
Singlehörer besorgen sich Singles. Wenn nicht, dann auch schon mal eine Best-Of-Kompilation oder einen Party-Sampler.

Albumhörer kaufen Tonträger.
Singlehörer kaufen Musik bei Itunes & Co.

Wenn Albumhörer ihre Musik digitalisieren, dann sortieren sie sie
1. nach Interpreten
2. die Alben nach Erscheinungsjahr und
3. die Songs nach Tracknummer auf dem Album
Wenn Singlehörer ihre Musik digitalisieren, dann sortieren sie sie nach Interpreten. Den Rest bestimmt die Zeichensatz-Reihenfolge.

Albumhörer haben immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie ein Stück beim Hören überspringen.
Singlehörer benutzen die "Shuffle"-Funktion.

Albumhörer kultivieren eine Abneigung gegen kommerziell orientierte Musik. Deswegen sind sie bessere Menschen. Finden sie irgendwie.
Singlehörer hören im Auto Antenne Bayern (hier vergleichbares regionales Format einsetzen) und haben schon mal einen Klingelton bestellt.

Albumhörer klimpern zuhause zuweilen selbst auf Instrumenten. Sie haben Kopfhörer und eine Anlage, die diesen Namen — auch finanziell — verdient.
Singlehörer haben zuhause eine Billigkompaktanlage und Tonqualität ist ihnen Schnurz.

Für Albumhörer ist Musik existenziell. Jahreszahlen und Ereignisse aus ihrem Leben bestimmen sie mühelos über die gehörte Musik (so wie manche Frauen über die Kleidung). Sie pflegen ihr Wissen über Bandhistorien, Musiker, Texte und Querbezüge und träumen schon mal davon, Günther Jauch würde sie in seiner Millionärsshow danach fragen.
Für Singlehörer gehört Musik dazu, ist aber nicht wirklich wichtig. Sie sind die weitaus spaßigeren Partygäste. Manche können sogar singen.


Hab ich was vergessen?

(mehr in den Kommentaren)
Urlaubsfantasien. Zwei Wochen Bretagne mit Wind und Nieselregen. Eine Woche Taizé, schweigend. Oder Irland. Egal.
Ein Jahr rauchfrei. Und keinen Moment mehr Lust darauf bekommen, immer noch. Fast schäme ich mich ein bisschen.
Der Kollege mit Tourette-Syndrom. Keine Reizwörter, nur leichte Ticks mit Mimik und Kopfbewegungen, Schnauben, hier und da einzeln hervorgestoßene Silben im ansonsten normalen Fluss der Sätze. Und dann der andere, der regelmäßig leicht stottert. Innerlich grinsen müssen, wie wir neulich zusammen in einer Besprechung saßen. Diese Geräusche. Große Experten mit kleinen Handicaps. Ich mag sie. Und auch diese Firma, trotz allem, in der Stottern oder Tourette weder am internen Ansehen kratzen noch daran hindern, in internationalen Gremien oder mit Kunden zu arbeiten.

Krank sein wäre eigentlich auch schön. So vier-fünf Tage zuhause, dumpf im Kopf mit Decke auf der Couch, Blogs lesen oder dämliche Gerichts-Soaps gucken bis mir die Augen zufallen, von meiner Möwe wachgeküsst werden, wenn sie nach Hause kommt, uns einen Cappuccino machen, Kartoffeln mit Möhren durcheinander essen, in den Nebel draußen starren, sowas halt. Auf der Arbeit hustet alles herum, zu wenig Schlaf hab ich derzeit auch, sieht eigentlich gut aus. Aber wie ich mich kenne, halte ich den Stress noch bis zur Abgabe meiner Dokumente Mitte Dezember durch und werde dafür zwischen Weihnachten und Dreikönig krank.
Man muss diesen Geschenke-Irrsinn ja nicht mitmachen. Man kann sein Weihnachtsgeld auch mal spontan in Auspufftöpfe, Inspektion, Ölwechsel, Instrumententafel-Ein- und Ausbauten, Motorsteuerungs-Softwareupdates und andere tolle Dinge investieren, so wie ich.
Ja doch, ich bin froh, überhaupt noch Weihnachtsgeld zu bekommen.
Vielleicht doch lieber Urlaub.
Aber bled is scho. Sie kennen das ja, man steht irgendwo, guckt, und plötzlich denkt man: Was, wenn jetzt da oben was runterfällt. Oder man hockt zuhause, kann jemanden nicht erreichen und denkt: Was, wenn dem was unterwegs passiert ist. Eine der wenigen in dieser Hinsicht tröstlichen Einsichten, die sich über die Lebensjahre einstellen, ist ja, dass die Dinge, die man befürchtet, gemeinhin nie auf diese Weise eintreten. Dachte ich. So auch letztens, als ich in der Schlange der Autobahnauffahrt Erlangen-Mitte stand, wo es wegen einer Baustelle zwei Monate lang keine Beschleunigungsspur gab, sondern nur ein Stopschild.

Um in die Autobahn einzufahren, muss man schräg über die linke Schulter schauen. Im Laufe der Wochen hatte ich mindestens fünf-sechs Mal Fahrzeugpaare am Rand im Bankett stehen sehen, wo der Hintermann zwar auf diese Weise den Verkehr auf der Autobahn abgepasst, sich aber vorm Tritt aufs Gaspedal leider nicht vergewissert hatte, dass sein Vordermann auch schon losgefahren war.

So stand ich in der Schlange, gerade fuhren tatsächlich schon wieder zwei Autos vom Gras neben der Auffahrt los, die wohl das gleiche Schicksal getroffen hatte. »Mann, das könnte mir auch passieren«, dachte ich, während ich in den Rückspiegel schaute und kritisch den jungen Herrn im goldfarbenen Golf hinter mir beäugte, der schon seit dem Verlassen des Firmenparkhauses hinter mir fuhr. »Ach was, blue sky, das kann nicht. Erstens sind da gerade erst zwei zusammengekracht, und zweitens denkst du darüber nach, also kann es gar nicht eintreten.«

Jetzt stand ich vorne. Der Mann hinter mir schaute links über seine Schulter, schließlich ergab sich eine Lücke und noch bevor ich selbst Gas geben konnte, knallte er hinten rein. Nicht schlimm, nur mal wieder das Blech eingedrückt und verschiedene Teile verzogen (2000 Euro Schaden). Zahlt die gegnerische Versicherung, Wagen ist gerade in der Werkstatt, das ist alles ärgerlich, aber nicht das eigentliche Problem.

Dass ab sofort alles, was sich mein Hirn an Unglücken ausdenkt, trotzdem eintreten kann, das ist ein Problem.
Fr. Etosha hat mich mit ihrem vergnüglichen Seminarleitfaden an die verquerste Schulung erinnert, die ich je zu halten hatte, bei der dermaßen viel schief ging, dass es schon fast wieder lustig war.

Ich arbeitete bei einer kleinen Firma, die sich (noch lange vor eCommerce und Blogs) dem Content Management verschrieben hatte, mit Hilfe von SGML, dem Vorläufer des heute verbreiteten XML. Kunde war eine mittelständische Druckerei aus Luxemburg, die eine extrem umfangreiche Dauer-Fachpublikation im Auftrag des Staats herzustellen hatte, jeden Tag so um die 4 bis 8 Hefte à 48 Seiten. Deren IT-Abteilung sah irgendwann ein, dass die Produktion angesichts ständig steigenden Volumens und Forderungen nach elektronischer Veröffentlichung nicht mehr das Gelbe vom Ei war, solange man mit einem auf Papierlayout angelegten Werkzeug wie Quark XPress arbeitete; sogar die Inhaltsverzeichnisse wurden noch von Hand gemacht. So kam man mit uns ins Geschäft. Wir schneiderten ein Content-Management-System zurecht, schraubten dazu Datenbank, Editor und Satzprogramm zusammen und lieferten alles aus. Schon bis dahin gab es immer wieder Probleme, weil sich die Vorgaben der Druckerei als unzureichend herausstellten. Es fing damit an, dass das beschriebene Datenmodell ausschließlich Deutsch, Französisch und Englisch als Publikationssprachen vorsah und es nur wenige Stunden dauerte, bis ich im überlassenen Stapel von Beispielausgaben auf einen Artikel in einem merkwürdigen Dialekt stieß, der sich nach kurzer Recherche als Lëtzebuergesch herausstellte. So ging es im Projekt weiter, für nahezu jede Vorgabe fand sich nach etwas Suchen ein Gegenbeispiel. Das hätte uns zu denken geben sollen.

Nach einem sehr holprig verlaufenen Pilotierungs-Start bat man uns, das neue Redaktionssystem auch den eigentlichen Benutzern beizubringen. Das war mein Job und so fuhr ich für drei Tage nach Luxemburg. Es fing damit an, dass Sommer war, jeden Tag über 32 Grad und sehr schwül. Der einzige klimatisierte Raum, den ich noch als angenehmen Besprechungsraum kennengelernt hatte, war inzwischen der Serverfarm der Druckerei gewichen, so dass die Schulung in einem stickigen Großraumbüro stattfinden musste. Direkt nebenan befand sich, nur durch dünne Fenster getrennt, die Druckereihalle, deren Maschinen uns einen irrwitzigen, konstanten Lärmpegel bescherten. Nicht genug, es gab weder Leinwand noch Overheadprojektor, von einem Beamer ganz zu schweigen. Nun gut, mit ausgedruckten Unterlagen und Flipchart ließ sich auch schon einiges reißen, wenn es auch für den praktischen Teil etwas, nun ja, umständlich war, die Software einem Dutzend Leuten an einem einzigen Monitor zu demonstrieren. Wir hatten zudem nur das halbe Büro (in dem sich keine Trennwände befanden) zur Verfügung, in der anderen Hälfte saßen allen Ernstes Leute, die normal weiterarbeiteten. Und ich, der ich meine ganze Schulung auf die übliche Zielgruppe »Redakteur« abgestellt hatte, musste schon in der ersten Stunde feststellen, dass mein ganzer Aufbau Käse war. Die Teilnehmer waren angelernte Schreibkräfte und kannten nicht mal Internet oder Webbrowser; wie sollte ich Ihnen da auch nur etwas über HTML erklären? Mein Fehler, ganz klar, nicht ausreichend vorbereitet.

Bis hierhin war alles noch sportliche Herausforderung, da machte es auch schon keinen Unterschied mehr, dass drei Teilnehmer nur Französisch sprachen, so dass ihnen ständig jemand nebenher aus dem Deutschen übersetzen musste. Das eigentliche Problem lag aber noch ganz woanders. Wie sich herausstellte, hatte unser Ansprechpartner aus der IT-Abteilung nämlich zuvor schon versucht, das Redaktionssystem zu schulen, wurde aber von den Teilnehmern derart mit Beschwerden überhäuft, dass er abbrach und stattdessen meine Firma bzw. nun mich als externen Trainer vorschickte. Und was sich im Projektverlauf schon unterschwellig gezeigt hatte, nämlich dass Vorgaben und Wirklichkeit nicht immer zusammenpassten, verdichtete sich zur Gewissheit: Große Teile des Redaktionssystems waren an der Realität vorbei entwickelt worden. Es gab viele weitere Geschäftsregeln und Sonderfälle, nach denen die Publikation funktionierte, von denen wir nie gehört hatten und die unsere Lösung natürlich nicht abdecken konnte. Die IT-Abteilung der Druckerei hatte offenbar niemanden von den eigentlichen Benutzern eingebunden, die dieses ganze Wissen besaßen und stets untereinander weitergegeben hatten.

Und der Grund dafür? Dumme Arroganz. Es waren ja alles nur Schreibkräfte, die hatten nichts mitzureden und schon gar keine Ahnung vom Geschäft, meinte man. Entsprechend wurde auch ihre Kritik nicht ernst genommen, im Gegenteil. Wer dort den Mund aufmachte, dem wurde wohl auch schon mal vor Augen gehalten, wie schnell ein anderer gefunden sei. Oder besser gesagt: eine andere. Denn natürlich waren die meisten betroffenen Mitarbeiter weiblich (die IT-Abteilung hingegen komplett männlich). Auf diese Weise wurde ich - wie ich fand auf durchaus hinterhältige Weise - in einem ganz anderen Konflikt instrumentalisiert. Vielleicht war es meine freundliche Art, wahrscheinlich aber auch nur das Stockholm-Syndrom: Ich versuchte zu retten, was ging, und mir nebenher alles zu notieren, was noch nicht ging. Und dankbar, dass ihnen jemand zuhörte, baten mich am Ende die Teilnehmer, ob nicht ich nochmal mit der Geschäftsleitung sprechen könne, dass die Software in dieser Form unbrauchbar sei und sich damit nicht arbeiten ließe. Das muss man sich vorstellen, wie es um die Kommunikation und Kultur in einer Firma bestellt ist, wenn die Angestellten einen ahnungslosen, dahergelaufenen Jungspund im Anzug bitten, ihren Standpunkt bei den eigenen Chefs zu vertreten.

Ich tat meine Pflicht, gab nach oben weiter, was nicht ging und warum, und mahnte an, in Zukunft die Benutzer einzubinden. Ansonsten war ich heilfroh, von dieser Schulung nach Hause fahren und danach nie wieder etwas für das Projekt tun zu müssen, wo ich zum Zeitpunkt der Schulung schon einen Arbeitsvertrag mit einer anderen Firma in der Tasche hatte. Ob das Projekt jemals zum Fliegen kam, weiß ich nicht einmal. Aber dafür, wieviel Geld und Zeit man sinnlos vernichten kann, wenn man nicht einmal das Wissen seiner einfachen Angestellten kennt und schätzt.