erster Gedanke: wie romantisch
zweiter Gedanke: wie doof
dritter Gedanke: wenn schon, dann mit Stehlampe
Drei Tage Seminar in der Rhön zu Persönlichkeit und Kommunikation. Verschiedene Typisierungen für Persönlichkeit kennengelernt, für Ich-Zustände, für Kommunikationsebenen und wie sie sich in der Praxis verwenden lassen. Nicht, um andere zu manipulieren, sondern mehr, um sie zu verstehen, sich von seinem eigenen Weltbild zu emanzipieren und anzuerkennen, dass (und wie) andere nun mal anders als ich selbst ticken können. Hochspannend. Und in der vertrauten, harmonischen Gruppe, mit der ich dieses und frühere Seminare verbracht habe, auch sehr offen, so dass in den Übungen manches zu Tage kommen durfte.

Schön, wieder mehr Konzepte und Begriffe zur Verfügung zu haben, um Kommunikationsvorgänge analysieren zu können, vor allem, wenn sie schief gegangen sind, und erfolgreichere Alternativen zu finden. Insbesondere habe ich auch wieder etwas über mich gelernt. Oder sagen wir so: Die Tatsache, dass ich mit meinen Vorlieben und Schwächen durchaus nicht alleine dastehe, dass sich viele meiner problematischen Seiten geradezu aus meinem Persönlichkeitstyp ergeben, tröstet mich, lässt mich irgendwie innerlich ruhiger werden. Weniger, weil ich jetzt eine tolle Entschuldigung hätte, nichts mehr weiter dagegen zu tun, dass ich an manchen Aufgaben regelmäßig scheitere. Aber das Gefühl ist geringer, zu versagen angesichts so vieler Anderer, die dieselben Hürden mit Leichtigkeit zu nehmen scheinen, wenn sie sie überhaupt als solche wahrnehmen.

Jaja, ich weiß, Sie wollen mir jetzt antworten, dass man Menschen nicht in Schubladen stecken darf, wir sind schließlich alle Individuen usw. Richtig. Und dennoch sind die einen extrovertierter als die anderen, lieben die einen mehr die Fakten und die anderen die Vorstellung und so fort. Mit einer gewissen Menge solcher Kriterien lassen sich hilfreiche Muster und Typen finden, und das Gute daran ist: Jeder Typ hat seine Stärken. Der minutiöse Planer und der lockere Drauflosmacher brauchen sich gegenseitig, damit einerseits klar ist, wie die weiteren Schritte zum Ziel aussehen sollen und man andererseits flexibel auf plötzliche Hindernisse reagiert. Leider - und hier spreche ich zuallererst von mir selbst - ist es schwer, manche Eigenschaften nicht höher oder geringer zu werten als andere. Plan, Struktur, Selbstdisziplin - ein Dauerthema für mich, ein Dauerkampf. Verdammt, wie oft fühl ich mich mies deswegen, weil ich immer wieder den Eindruck habe, mir durch mein Defizit an dieser Stelle etwas zu versauen. Ich bekomme so oft positives Feedback (auch wieder in den letzten Tagen) und will es doch nicht glauben. Mit dem Kopf geht das, ja, aber mein Bauch will nicht zuhören.

Was ich seit jeher mit mir rumtrage, wird sich wohl so schnell nicht ändern. Aber vielleicht kann ich jetzt etwas gelassener mit mir umgehen, blockiere mich nicht mehr so schnell mit meinen Anforderungen selbst. Kleine Lösungen: Zum Beispiel, indem ich einen Kollegen offen bitte, mich vor einem Termin nochmal zu erinnern. Oder kleinere, klar umrissene Arbeitspakete definiere. Oder mich z. B. wie letzte Woche dafür einsetze, in ein anderes Büro zu ziehen, wo diejenigen sitzen, mit denen ich in den nächsten Monaten hauptsächlich zusammenarbeiten muss (und deren pure Gegenwart mich motivieren wird, trotz der derzeitigen Unklarheiten in der Firma nicht in Lähmung zu verfallen). Mal sehen. Im Moment fühlt es sich gut an.
Sänger Sasha hat mit schockierender Offenheit enthüllt, warum er wirklich Erfolg hat: Es liegt an seiner schweren Kindheit.

Eine herzzerreißende Geschichte hat Popstar Sasha («Goodbye») zum Besten gegeben: Wie der Sänger nun verriet, ist er angeblich nur zur Musik gekommen, weil er als Kind mit seinem Gesang seine Mutter tröstete. Die habe sich nämlich bei der Hausarbeit häufig Sorgen gemacht, wie sie mit ihrer Sozialhilfe die Kinder durchbringen sollte und deshalb oft geweint, sagte der 34-Jährige der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Dann habe er «manchmal versucht, sie aufzuheitern» und begonnen zu singen. Dabei habe er sein Talent für die Bühne entdeckt.
[Netzeitung]
Über manche mögliche Spätfolgen von Hartz IV macht man sich m. E. noch viel zu wenig Gedanken.

Handgemachter Fisch. Andere fangen dafür die Weltmeere leer.
Edit: Lisas Tooncam ist es gelungen, heimlich ein Bild der Produktion aus dem Betrieb zu schmuggeln.
il quarto bruciava d'odio
per la vergogna di restare fuori dal podio
il terzo merita rispetto ed io lo stimo
ma salutatemi il secondo
perché conta solo il primo
conta solo il primo

Der Vierte brannte vor Hass
Wegen der Schande, es nicht aufs Podium geschafft zu haben
Der Dritte verdient Respekt und ich schätze ihn
Doch grüßt mir den Zweiten
Denn es zählt nur der Erste
Es zählt nur der Erste


[Daniele Silvestri, »La Classifica«]
Überragend schön habt ihr ja mal wieder nicht gerade gespielt. Was soll's: Glückwunsch, Azzurri! Und wer sich nur mit Zidane-Elfmetern durch Halbfinale und Finale wursteln will, hat's nicht anders verdient.
Mann, was für ein tragischer Idiot. Hin- und hergerissen zwischen Abscheu für den primitiven Gewaltausbruch einerseits (ich meine, der Mann hat hunderte von Spielen als Profi gespielt und ist keine 12 mehr) und Faszination andererseits, wie unter der hochglanzpolierten, professionellen Darstellung im bezahlten Weltspitzenfußball unvermittelt Risse hervortreten, einfach weil da Menschen agieren. Man könnte meinen, da habe jemand noch mal absichtlich gegen seine Glorifizierung rebelliert. »Hol den Vorschlaghammer...«
»Da knallten die Synapsen in die falsche Richtung«, rief Beckmann genau in dem Moment, als ich den - eben wegen Beckmann schon lange abgedrehten - Ton anlässlich der Aufregung um Zidanes Kopfstoß wieder andrehte. Für die nächste WM wünsche ich mir Mehrkanalton mit der Option "Stadium only".
Was diese Fußballspiele im Vergleich zu früher faszinierender gemacht hat, sind Kameras und Bildregie. So viele Winkel, so viele Nahaufnahmen, auf denen man den jede Drehung und Bewegung der Spieler verfolgen und jeden Fluch von den Lippen ablesen konnte. Ein Unmittelbarkeitsgefühl, mitten auf dem Platz zwischen den Spielern zu stehen. Und dann diese Hintertorkamera am beweglichen Galgen, die die Dynamik von Torszenen in einer Überhöhung zeigt, wie ich sie bislang nur aus der Werbung kannte. Stark.
Jetzt ist aber auch mal wieder gut. Mein nächstes Fußballspiel werde ich dann erst wieder in zwei Jahren ansehen, vielleicht abgesehen von Vereinsspielen meiner Söhne.
Zu jeder Tageszeit regt sie sich auf. Schimpft in einer Tour, einsilbig, ängstlich, vor sich hin zappelnd und hört nicht auf. Schon früh, wenn ich noch längst schlafen sollte, ist sie draußen zu hören, genauso abends, wenn ich heimkomme. Zwei Jahre war sie verschwunden, jetzt ist sie also wieder da. Nie konnte ich bislang irgendeinen Grund erkennen, aber irgendeine unsichtbare Gefahr scheint sie ständig zu beunruhigen. Und wie es so geht mit den düsteren Prophezeiungen, irgendwann erfüllen sie sich selbst. Zum Beispiel in Form einer Glasvoll Wasser, die lautlos durch die Zweige fällt und sie eiskalt erwischt, woraufhin sie erschreckt davonfliegt, um ihr Geschimpfe in einem entfernten Gebüsch fortzusetzen.
Merkwürdige Diskussionen überall. Aber schön, wie die Straße sowohl Rechten als auch Linken die Definitionshoheit über die Bedeutung nationaler Symbole aus der Hand genommen hat. Und wie sie sich jetzt winden und ärgern; Schönwetterpatrioten seien das alle, wahlweise, oder aber Nationalisten, oder gar keine echten Fußballfans, oder bierselige Fußballspackos, und dann noch diese Typen, die täglich verschiedene Trikots...

Wunderbar, diese Verwirrung. Dabei ist es ganz einfach. Deutschland sind wir, die wir uns nicht vorschreiben lassen, ob und wann wir Fähnchen ans Auto heften oder nicht, ob die aus China sein dürfen oder nicht, ob wir eine andere oder die deutsche Fahne hochhalten und ob die Fahne auch noch zu unserem Pass zu passen hat. Wir sind Deutschland, die mit den Nachbarn feiern, egal wo sie herkommen, ohne deshalb unsere eigene Herkunft zu verstecken. Wir leben gerne hier, sprechen gerne deutsch, mögen es bunt und hassen die Verstrahlten und Engstirnigen.

Endlich hat man mal gesehen, wie viele wir sind.

Nach fast vier Jahren würde heute abend die erste
echte Belastungsprobe auf das Haus blue sky warten.
Unterarme rutschen, schmatzen, kleben auf den Tischen
Widerwillig, träge kriecht die Maus von Klick zu Klick
In keiner guten Kondition ist diese Air Condition
Und schon mal frischer waren T-Shirt, Socken, Geist und Blick

Kollegenhandy dudelt leise Tango in der Tasche
Laptoplüfter kühlen surrend Hauptprozessorschweiß
Die Kaffeeküche gähnend leer; wer trinkt, trinkt aus der Flasche
Und statt mir hier zu helfen, denkt mein Hirn: Spaghettieis!

(heute abend)

am Dechsendorfer Weiher
»Da hatte er die richtige Nase am richtigen Ort.«
(über Vieira, den Torschützen des 2:1)

»Wenn du die Nase so hoch trägst, dann kann sie auch tief fallen.«
(über den spanischen Trainer)

[Armin Lehmann & Henry Vogt, ARD-Radioreportage des Spiels Spanien-Frankreich]

[noch watt in den Kommentaren]
Was machen die da? Innerhalb eines Tages linken mal 55 sites auf mein Blog, mal 49, gerade sind's 67, dazu regelmäßig eine andere Liste von Fundstellen innerhalb einer offenbar zufälligen Anzahl vergangener Tage. Letztens waren auch mehrfach Postings aufgeführt, die garnicht auf mich linkten, sondern eine besonders raffinierte Form von Spam zu sein schienen. Wenn man denn überhaupt mal ein Ergebnis bekommt und nicht nur eine Fehlermeldung wegen Server-Überlast.

Bei einem so fragwürdigen Dienst kann nur wundern, dass alle Blogwelt immer wieder Technorati-Ergebnisse als Maßstab heranzieht.
Nach bestimmt schon vier Monaten Suche heute die Wohnung gefunden. Altbau, kein Vermieter im Haus, wunderbar geschnitten (große Küche! genügend Zimmer!), Garten, kinderfreundliches Haus, fast im Zentrum, eine Minute Fußweg zu meiner Arbeit (d.h. eins von unseren zwei Autos kann abgeschafft werden), preiswert, kein Makler, hell... fast zu schön, um wahr zu sein. Wir wären Nachmieter zum ersten November; die Vermieterin ist nur leider derzeit im Urlaub, deshalb müssen wir noch bis nächste oder übernächste Woche warten, bis wir wissen, ob alles hinhaut. Bitte drücken Sie mal kurz... Danke.
Ich weiß nicht, wie ich diese Musik einsortieren soll. Multi-ethnisch? Weltmusik? Keine Ahnung, aber auch egal. Man hört typische Volksmusikinstrumente wie Mandolinen, Akkordeons, Tambourine und Violinen zu ungeschliffenen, balkanisch-romanesken Bläserklängen. Über allem der elegische Gesang des Mannes hinter Beirut, dem 19jährigen Multiinstrumentalisten Zach Condon aus New York bzw. Albuquerque, dem man irgendwie weder sein Alter noch seine Herkunft glauben möchte. Das Coverfoto wurde laut dem (ohne Lyrics leider sehr kurz gehaltenen) Booklet lose in einer Leipziger Bibliothek gefunden, wohl herausgerissen aus irgendeinem Buch. Bei soviel Ungewöhnlichem wundern dann auch Songtitel wie »Prenzlauerberg« und »Brandenburg« nicht mehr.

Ein Album wie ein staubiger Sommertag irgendwo in Südosteuropa. Hören Sie mal rein.

Postcards from Italy (mp3 / 5,0 MB)
Mount Wroclai (Idle Days) (mp3 / 3,8 MB )

»16. Juni am Strand, zur Kaffeezeit«, hatte sie ihm ins Ohr geflüstert, bevor sie ins Taxi stieg. Seither kam Oswald immer noch jedes Jahr, in der Hoffnung, sie wiederzusehen.
So herzlich und selbstverständlich aufgenommen zu werden. Sich überhaupt zuhause zu fühlen wie bei alten Freunden, unter Menschen, die man doch gar nicht kennt. (Was ja auch so ein Unsinn ist, denn - Kunstfigur hin, Selbstbeschränkung her - das Wesentliche schimmert immer durch.) Dazwischen ein Tag am eingezäunten Meer und einer in der großen, fußballverrückten Stadt, trotz diesigem Himmel und müden Füßen angenehm, spannend. Dutzende Fotos von Strandkörben hier, Containerterminals da, immer wieder Möwen im Flug. Und jetzt sitze ich hier, auf mein Festland zurückgekehrt mit vier schönen Tagen im Gepäck und sehne mich doch nach noch mehr Urlaub.
So, ein paar Tage Ruhe hier. Hamburg ist angesagt. Schönes Wochenende!