Der Text, die Musik, diese Stimme und Darbietung: Auch fast ein halbes Jahrhundert, nachdem es geschrieben wurde, zerreißt einem das Lied schier das Herz:

Klick (Youtube).

(Deutsche Übersetzung des Texts.)
Während ich den Stapel E-Mails mit technischen Fragen beantworte, blicke ich zwischendurch auf die nassen Straßen vor dem Bürofenster, die dunkelsilber bis gleißend hell in der Sonne leuchten, und zu Stahlseitengitarre und Cello von den Mountain Goats in meinem Ohr ziehen Radfahrer, Autos und Menschen mit Regenschirmen als schwarze Silhouetten vorbei, geschäftig und mit im Frühlingswind wehenden Haaren, ich vergesse Husten und dicken Kopf und alles ist leicht, wunderbar leicht.
Merkwürdig und schön. Heute morgen aufgewacht und die Welt fühlte sich für ein paar Stunden an wie mit Anfang 20.

  
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff
Die Schinken verlassen das sattende Riff
Die Scharen versissen das taffende Link
Die Tassen verlieren das schaffende Sink

Die Satten verschassen das linkende Riff
Die Rassen versinken das tankende Schiff
Die Taschen verlinken das siffende Rass
Die Schranken versiffen das littende As

Die Frischen verlieen das sankende Ratt
Die Raschen verfielen das rinkende Satt
Die Fitten verasen das lissende Schrank
Die Tischen verfassen das sirrende Lank

Die Linken versitten das raschende Fass
Die Sitten verschiffen das rankelnde As
Die Schatten versinken das lassende Riff
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff
Heute ausnahmsweise mal ein Lob an die Brüder von der elektronischen Massenpostfront. Seit ihr mir immer mehr auf japanisch schreibt, ist es viel einfacher geworden, eure Briefe angemessen zu würdigen. Echt.

dann schauen Sie doch mal auf Black&White vorbei. Und machen Sie mit.
Mein Körper verfügt über eine zuverlässige Schärfenreaktion. Schärfe jetzt nicht optisch oder mechanisch, sondern: chemisch. Sie kennt mindestens fünf Stufen:

Stufe 0: Kaum gewürztes Essen, Schärfe tritt geschmacklich nicht hervor: Keine Reaktion.
Stufe 1: Leicht gewürztes Essen, Schärfe ist zu schmecken, aber nicht aufdringlich: Schweißausbruch lokal begrenzt auf die Nasenspitze.
Stufe 2: Gut gewürztes Essen, Schärfe tritt leicht hervor: Schweiß auch auf dem Rest der Nase sowie Oberlippe.
Stufe 3: Kräftig gewürztes Essen, Schärfe ist deutlich im Vordergrund: Schweiß auch an Schläfen und Stirn.
Stufe 4: Verdammt scharfes Essen, Lippen, Mund und Rachen brennen: Schweißausbruch auch an Hals und Nacken.
Stufe 5: Keine Ahnung. Man muss nicht alles wissen.

Natürlich gibt es ab Stufe drei noch weitere physische Effekte zeitversetzter Art, auf die ich nicht detailliert eingehen möchte (wehe, jemand postet in den Kommentaren diese Chili-Wettbewerb-Geschichte). Eine genauere Kalibrierung auf Scoville-Einheiten habe ich aus mancherlei Gründen auch noch nicht versucht, wahrscheinlich wäre mein Schärfemesser aber eher für untere Werte geeignet.

Was mich aber interessiert: Bin ich eigentlich der Einzige, dessen Körper so reagiert?
Eine gute Schülerin war nicht das Kind, das konnte, was der Stoff vorgab. Eine gute Schülerin war dazu auch vernünftig, krakeelte weder wild durch den Raum, noch leistete sie sich unbeherrschte Anfälle gegenüber schwächeren Schülern oder träumte einfach ein paar Minuten in die Blätter der Kastanie auf dem Hof. Fachliche Anerkennung setze Anpassung an externe und nicht leistungsbezogene Erwartungen voraus, haben die meisten der guten Schülerinnen aus diesen Jahren mitgenommen.
[...]
Gemocht oder mächtig, lautet letztlich die Alternative, und solange die meisten Frauen diese Wahl mit allen ihren Konsequenzen scheuen – solange wird man sich wundern, warum den guten Studienleistungen, der angenehmen Zusammenarbeit und dem ganzen Drumherum, das am Ende doch nicht zählt, nicht viel nachkommt.
Frau Modeste macht sich sehr lesenswerte Gedanken über die Kluft zwischen Studienleistung und anschließendem Karriere-Erfolg bei vielen Frauen.

  

neulich abends, auf dem Parkplatz
Vor etwa einem Jahr hatte ich angefangen, ganze Jahre aufzuholen, die musikalisch weitgehend an mir vorübergegangen waren. Nicht zuletzt durch Tipps von Ole und aus anderen Blogs entdeckte ich zum Beispiel Nada Surf, die Stars, Sufjan Stevens und Margot and the Nuclear so and so's, nur um ein paar Lieblinge zu nennen. Und es sieht im Moment nicht aus, als ob sich das änderte; alle paar Wochen tun sich mir neue tolle Bands oder Platten auf. Wo ich doch dachte, meine Musikbegeisterung wäre irgendwann mit Ende 20 weitgehend eingeschlafen. Jetzt muss ich dagegen öfter aufpassen, nicht vor lauter Lust am Hören die halbe Nacht wach zu bleiben.

Genug Vorrede, was kann ich gerade empfehlen? Ohne besondere Reihenfolge:

Sufjan Stevens: Seven Swans
Ich fräse mich gerade rückwärts durch seine Alben. Im Vergleich zu seinen neueren Alben »Avalanche« und »Illinoise« wie auch dem Vorgänger »Michigan« leiser und klarer. Keine merkwürdigen Füllsel zwischen den Liedern, keine fünfzeiligen Songtitel, einfach 13 Songs, oft nur mit Banjo und Gitarre begleitet. Sufjan lässt sein Talent für verspielte Arrangements oft genug durchscheinen, aber haut es dem Hörer nicht in jedem Moment um die Ohren. Ruhig und schön. Anspieltipp: »To Be Alone With You« (Live, YouTube)

Klez.E: Flimmern
Wieder mal eine Band, die deutsch singt, deren Texte mir aber meist nur pseudo-bedeutungsschwer und zusammenhanglos vorkommen. Etwas, was mir den Genuss im Extremfall sogar trotz guter Musik verleiden kann, bei Tomte beispielsweise. Aber so schlimm ist es hier nicht, und die Musik von Klez.E klingt ausgesprochen gut. Wer »The Notwist« mag (und zwar durchaus auch die raueren Seiten), wird vermutlich auch hier auf seine Kosten kommen. Songs, von denen einige angenehm abseits ausgetretener Pfade wandeln. Die Stimme muss man allerdings mögen. Anspieltipp: »Strandlied« (MP3, 8 MB) und das recht geradlinige Werbefläche Mond (YouTube).

Snow Patrol: Final Straw
Ihr vorletztes Album. (Das letzte von Snow Patrol soll ja eher flach sein, hört man.) Alternative Rock aus Schottland mit Gefühl für Melodien. Anspieltipp: Natürlich die Hymne »Run« (YouTube), aber auch Somewhere A Clock Is Ticking (YouTube, kein offizielles Video, nur hörenswert).

dredg: Catch Without Arms
Ich bin ja nicht sehr bewandert darin, Musik zu beschreiben. (Was Sie bis hierhin wohl bemerkt haben dürften.) Aber für mich klingen dredg so, als hätte eine 80er-Jahre-Hardrock-Band die Gitarre von The Edge gefrühstückt. Etwas glatt produziert, aber druckvoll und elegisch, vor allem mit beeindruckender Stimme. Anspieltipp: »Jamais Vu«, auf MySpace (im Player rechts anwählen).

Bloc Party: Silent Alarm
Bloc Party habe ich ja vor wenigen Wochen überhaupt erst entdeckt. »Silent Alarm« — was für ein großartiges Album. Rauh, energiegeladen (was nicht zuletzt am bemerkenswerten Schlagzeug liegt) und ziemlich britisch. Träumerisch können sie allerdings auch, so wie in »So Here We Are«, das Ihnen vermutlich schon mal in der Telekom-Werbung begegnet ist. Das insgesamt etwas ruhigere, frisch herausgekommene Nachfolgealbum »A Weekend In The City« braucht zwar etwas länger, um sich einzunisten, gefällt aber auch schon gut. Anspieltipp: »Like Eating Glass« (YouTube-Video ohne Video) , »So Here We Are« (YouTube)
Sie haben sich als Richter aufgespielt und Menschen exekutiert. Dass sie dabei einer politischen Ideologie folgten (und nicht nur schnöder Habgier) macht es kein Bisschen weniger verabscheuungswürdig. Aber eben auch nicht substantiell schlimmer als andere Morde, deren Täter im Allgemeinen deutlich eher und regulär entlassen werden, unabhängig davon, ob sie sichtbar Reue gezeigt haben. Dass Angehörige der Opfer eine Begnadigung und erst recht eine gerichtlich beschlossene Entlassung ablehnen, kann ich gut verstehen. Die inszenierte Empörung in der rechtskonservativen Ecke aber verleiht den Taten der RAF immer noch eine Überhöhung, die sie schlicht nicht verdient haben.

nachtflug
metallfrei
ein Beitrag zur Verminderung von Feinstaub
zur Zeit noch ein unbeschriebenes Blatt
eine kleine gemütliche Herberge
eine Sammlung von portablen Plotroutinen
doof!
ein alter Wabenherrscher und führte dereinst die Rentnerallianz
für uns doch etwas Besonderes
ein Spasti
nicht das, was Sie suchen?
ein etwas temperamentvoller hengst
das Voice Portal einer imaginären Fluggesellschaft
eine kostenlose Homepagevorlage
not verstellt
aber selbstverständlich bei ÖAeC als Flugschule anerkannt
hierzulande dagegen noch vergleichsweise unbekannt – völlig zu Unrecht
total schön!!!
eine einfühlsame Ballade
meines erachtens ein sehr gelungenes album und wirkt viel reifer als die vorgänger
das was ich gesucht habe
von der Konsistenz wie alle Weichspüler dickflüssig

Meint zumindest Tante Google (via).
(Wesentlich spannender ist ja, sie in wichtigeren Fragen zu Rate zu ziehen.)

  
Aber vielleicht ist schon der Gedanke falsch, man könne ein bestimmtes, ureigenes Problem nur dadurch lösen, endlich so zu werden, wie man meint, sein zu müssen. Erst recht, wenn einen das Problem ein Leben lang wieder und wieder einholt. Vielleicht liegt das Problem ja auch darin, dass man es überhaupt zu einem macht. Ein Bild von sich zu haben als jemandem, der man nie war oder sein kann.

Vielleicht wird man sogar nicht einmal mehr dieses Selbstbild ändern können, das Problem also immer mit sich herumtragen. Und dann? Was wäre zum Beispiel so schlimm daran, alle drei, vier Jahre eine neue Aufgabe zu suchen, weil man an der alten die Lust verloren hat? Wenn man doch zumindest für die nächsten zwei Jahre wieder erfüllt und zufrieden sein könnte? Warum erfährt derjenige mehr Widerspruch, der Spaß an der Arbeit einfordert als der, der trotzdem seine Arbeit tut, und schlimmer: warum glaubt man sogar selbst heimlich daran?

Es muss sich etwas tun. Aber vielleicht anders, leichter, als ich immer dachte.

(Danke an den Zeitnehmer für den Anstoß.)
Frau Diagonale frug nach Ungewöhnlichkeiten über mich. Ich kann zwar nicht ganz ausschließen, die eine oder andere schon mal erwähnt zu haben, aber damit müssen wir wohl leben.
Im Alter zwischen 17 und 22 habe ich insgesamt fünf Tourneen mit einem italienischen Jugendchor verbracht. Als einziger Deutscher (anfangs ohne ein Wort Sprachkenntnis), meist ging es durch Italien und teilweise darüber hinaus. Sie schickten mir im Frühjahr immer Cassetten mit der Bassstimme und die Texte, damit ich mich vorbereiten konnte und im August fuhr ich dann nach Turin, von wo aus es für drei-vier Wochen rund ging.
Ich habe einmal (über die Künstlervermittlung des Arbeitsamts Düsseldorf) als Solo-Vibraphonist eine Vernissage beim Bundesvorstand des Deutschen Beamtenbunds in Königswinter begleitet. War letztlich mein einziger Auftritt überhaupt, was aber nichts mit diesem Abend zu tun hatte.
Ich liebe Krankenhäuser. Den Geruch, die Atmosphäre. Weder fand ich es schlimm, selbst darin zu liegen (die Mandel-OP im Alter von 5 mal ausgenommen), noch, andere zu besuchen und erst recht nicht, als Zivildienstleistender selbst auf einer Station zu arbeiten. Ein Ort, an dem man vor dem Wesentlichen nicht fliehen kann.
Ach ja, kurios in dem Zusammenhang sicher auch, wie eine Schwesternschülerin und ich eine Tote in einer Odyssee durch das halbe Krankenhaus und düster-filmreife Kellergänge geschoben haben, nur um sie zur Hauptbesuchszeit zum kleinen Häuschen bringen zu können, wo die Leichen aufbewahrt wurden, ohne dabei die Besucherströme zu kreuzen.
Ich habe als Jugendlicher einmal an einem landesweiten Lyrikwettbewerb teilgenommen und landete mit zwei Gedichten in einem Sammelband.
Ich kann seit 20 Jahren nicht mehr duschen, ohne zum Schluss das Warmwasser abzudrehen und nochmal von unten bis oben kalt abzubrausen. Was für ein Wohlgefühl danach!
Sie kennen sicher die Hypothese, wonach jeder Mensch mit jedem über maximal fünf andere dazwischen verbunden ist, die sich jeweils paarweise gegenseitig kennen. In diesem Sinn habe ich am Samstag festgestellt, dass zwischen mir und dem künftigen bayerischen Ministerpräsidenten exakt eine weitere Person steht. Damit wäre ich mit höchstens vier Sprüngen schon bei allen möglichen Staatsoberhäuptern.