Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Regelmäßig wird in den Nachrichten von Schneestürmen in den Vereinigten Staaten gesprochen. Ich denk mir dann immer: Boah, Schneesturm! Männer mit Pelzkapuzen und weißen Bärten kämpfen im 45-Grad-Winkel gegen den brüllenden Orkan, nahezu blind vor Schnee, mit erfrorenen Lippen, aus denen sie verzweifelt nach ihren Angehörigen rufen, die sie vor einer halben Stunde im laufenden SUV auf dem Parkplatz vor dem Einkaufzentrum allein gelassen hatten, nur um kurz einen Notvorrat Bier zu kaufen. Mit bloßen Händen graben sie jetzt im eiskalten Weiß, dort, wo eben noch der Wagen stand... Schneesturm!

Dann die dazugehörigen Fernsehbilder. Ja ok, man sieht: Schnee, Räumfahrzeuge, ein paar eingeschneite Autos. Aber nie auch nur ein Windhauch. Sind die Schneestürme in den USA so gräßlich kalt, dass es von ihnen keine Aufnahmen gibt, weil sie jedes Digicam-Akku binnen Sekunden unbrauchbar machen? Muss man den Schneesturm entsprechend dem Klischee, wonach der Ami bei drei Schneeflocken den Ausnahmezustand ausruft, als kleine, menschliche Übertreibung interpretieren? Oder wird hier immer wieder nur — ganz einfach und langweilig — das Wort Blizzard zu eng ins Deutsche übersetzt?
März 2007. Der Bundestag beschließt trotz einiger Bedenken Änderungen an Grund- und Luftsicherheitsgesetz, wonach in Zukunft die terroristische Geiselnahme eines Verkehrsflugzeugs einen Quasi-Verteidigungsfall darstelle, der einen Abschuss durch die Luftwaffe rechtfertige.

Juni 2007. Wie zu erwarten wird die Änderung erneut vom Bundesverfassungsgericht kassiert. Abschuss von Passagierflugzeugen und Einsatz der Bundeswehr im Inneren bleiben verboten.

Juli 2007. Noch in der Sommerpause legt der Innenminister einen Vorschlag auf den Tisch, wonach die terroristische Geiselnahme eines Flugzeugs einen Quasi-Raubüberfall darstelle. Die Zivilbevölkerung am Boden sei dabei als Geiseln, das Flugzeug als Täter zu interpretieren. Speziell geschulte Beamte der Bundespolizei dürften dann von Flugzeugen der Luftwaffe aus dem Täter den finalen Rettungsschuss verpassen.

September 2007. Der Bundestag beschließt das neue Luftsicherheitsgesetz trotz einiger Bedenken.

Dezember 2007. Das Bundesverfassungsgericht weist das Gesetz als verfassungswidrig zurück.

Dezember 2007. Eine Woche später präsentiert der Innenminister einen Vorschlag, wonach die terroristische Geiselnahme eines Flugzeugs einen Fall von Quasi-Vogelgrippe darstelle. Das Flugzeug sei hierbei als infiziertes Geflügel zu betrachten, das nach dem Tierseuchengesetz von speziell geschulten Beamten des Bundesverbraucherschutzministeriums (von Flugzeugen der Luftwaffe aus) abgeschossen werden dürfe.

usw. usf.

...

Gerade noch rechtzeitig.
[Kommentare mach ich mal aus, sonst wünschen Sie wieder so lieb gute Besserung und machen mich verlegen. Wo mein Kopf sowieso schon leuchtet.]
Wie erklären sich eigentlich diejenigen, die sonst jedem Furz einen Evolutionsvorteil zuschreiben, dass Menschen — kaum, dass ein paar von Ihnen zusammenkommen — freiwillig sinnfreien Beschäftigungen folgen, die ihrem Fortbestand im Zweifelsfall eher hinderlich sind? Zum Beispiel der, mit seinen Familien menschliche Türme zu bauen, 8, 9 oder gar 10 Stockwerke hoch, immer unter der Maxime je jünger, desto oben. (Klick für ein Youtube-Filmchen.)

Ein ausgezeichneter Dokumentarfilm über diese Tradition ist Castells, ohne gesprochenen Kommentar, mit Bildern wie Fotografien und ungeschöntem Einblick in die Eifersüchteleien innerhalb einer Turmgemeinschaft. War vor einer Woche im Bayerischen Rundfunk zu sehen; weitere Sendetermine konnte ich bislang noch nicht finden. Sollten Sie mal auf den Film stoßen, sehen Sie ihn sich an.

»Fundgrube für tolle, ungewöhnliche Geschenkideen«

(mehr in den Kommentaren)
In jeder Sekunde sträubt sich alles in mir. Nur noch ein Gedanke: weg, raus in die Sonne, nach Hause, hinlegen. Letzte Nacht nur drei Stunden geschlafen. Ich habe den Stress nicht mehr unter Kontrolle. Das Gefühl, die Aufgaben nicht bewältigen zu können, das mich normalerweise nur in kontrollierten Kleinstfluchten z. B. in die Blogwelt treibt, hat in den letzten Tagen Besitz von mir ergriffen, lähmt mich und wird so zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Für zuviele Dinge gleichzeitig verantwortlich, organisatorisch und inhaltlich, ich kann mich nicht mehr konzentrieren und nach einer Minute ist Gelesenes oder Gehörtes schon vergessen. Einen meiner Fertigstellungstermine habe ich eben gottseidank schon selbstherrlich von heute auf Montag verschieben können, soll die Augenbrauen hochziehen wer will. Andere muss ich dagegen durchziehen, wie z. B. gleich die mehrstündige Veranstaltung, bei der eine andere Arbeit, die ich letzte Woche beendet habe, auseinandergenommen wird. Danach raus hier. Hoffnung auf morgen und Sehnsucht auf die Zeit nach dem 20. Dezember, wenn erst Ruhe einkehren wird, in der ich auch wieder darüber nachdenken kann, was bei mir gerade grundsätzlich schief läuft.


Beerenmond
Urlaubsfantasien. Zwei Wochen Bretagne mit Wind und Nieselregen. Eine Woche Taizé, schweigend. Oder Irland. Egal.
Ein Jahr rauchfrei. Und keinen Moment mehr Lust darauf bekommen, immer noch. Fast schäme ich mich ein bisschen.
Der Kollege mit Tourette-Syndrom. Keine Reizwörter, nur leichte Ticks mit Mimik und Kopfbewegungen, Schnauben, hier und da einzeln hervorgestoßene Silben im ansonsten normalen Fluss der Sätze. Und dann der andere, der regelmäßig leicht stottert. Innerlich grinsen müssen, wie wir neulich zusammen in einer Besprechung saßen. Diese Geräusche. Große Experten mit kleinen Handicaps. Ich mag sie. Und auch diese Firma, trotz allem, in der Stottern oder Tourette weder am internen Ansehen kratzen noch daran hindern, in internationalen Gremien oder mit Kunden zu arbeiten.

Krank sein wäre eigentlich auch schön. So vier-fünf Tage zuhause, dumpf im Kopf mit Decke auf der Couch, Blogs lesen oder dämliche Gerichts-Soaps gucken bis mir die Augen zufallen, von meiner Möwe wachgeküsst werden, wenn sie nach Hause kommt, uns einen Cappuccino machen, Kartoffeln mit Möhren durcheinander essen, in den Nebel draußen starren, sowas halt. Auf der Arbeit hustet alles herum, zu wenig Schlaf hab ich derzeit auch, sieht eigentlich gut aus. Aber wie ich mich kenne, halte ich den Stress noch bis zur Abgabe meiner Dokumente Mitte Dezember durch und werde dafür zwischen Weihnachten und Dreikönig krank.
Man muss diesen Geschenke-Irrsinn ja nicht mitmachen. Man kann sein Weihnachtsgeld auch mal spontan in Auspufftöpfe, Inspektion, Ölwechsel, Instrumententafel-Ein- und Ausbauten, Motorsteuerungs-Softwareupdates und andere tolle Dinge investieren, so wie ich.
Ja doch, ich bin froh, überhaupt noch Weihnachtsgeld zu bekommen.
Vielleicht doch lieber Urlaub.

(Johannisfriedhof, Nürnberg)
Ingwer gehört ja zu den Gewürzen, die einem gerne unangenehm kommen. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wie man diese Ingwerstäbchen in Schokolade oder ähnliche Scheußlichkeiten überhaupt mögen kann. Ich verspreche Ihnen aber, mit dem Rezept, was meine Möwe heute erfunden hat, werden Sie zum Ingwer-Fan. Garantiert.

okay, optisch eher unspektakulär
Für 4 Portionen mischen Sie 100 ml Kokosmilch (gibt's in Dosen), 100 ml Sahne und reiben eine ganze Ingwerknolle hinein (vielleicht so 30g). Der Klecks Thai-Curry hat nicht geschadet. In dieser Marinade lassen Sie 400g Hühnerbrustfilet in mundgerechte Stücke geschnitten drei bis vier Stunden ziehen. Dann hacken Sie eine Zwiebel und eine Knoblauchzehe fein, dünsten sie in Olivenöl an, hobeln 2 Möhren hinein, lassen sie zart schmoren und geben dann das Fleisch mitsamt Marinade hinzu und lassen alles leise köcheln. Dazu Basmatireis, fertig. Ich könnte mich reinlegen.

Torso (Bretagne 2004)
Die personenrechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind spricht nicht dagegen, in derartigen Fällen die Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermögensschaden anzusehen. Im Bereich der Arzthaftung gilt wie in jedem anderen Bereich der Vertragshaftung, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursachte Schaden zu ersetzen ist.
[Der BGH zu einer heutigen Entscheidung (VI ZR 48/06), nach der ein Gynäkologe nach missglückter Verhütungsbehandlung vollen Kindesunterhalt bis zur Volljährigkeit zu zahlen hat]
Natürlich müssen Ärzte für ihre Fehler haften. Aber in dieser Form, wo ein Kind auf immer daran erinnert wird, nie gewollt gewesen zu sein?
Aber bled is scho. Sie kennen das ja, man steht irgendwo, guckt, und plötzlich denkt man: Was, wenn jetzt da oben was runterfällt. Oder man hockt zuhause, kann jemanden nicht erreichen und denkt: Was, wenn dem was unterwegs passiert ist. Eine der wenigen in dieser Hinsicht tröstlichen Einsichten, die sich über die Lebensjahre einstellen, ist ja, dass die Dinge, die man befürchtet, gemeinhin nie auf diese Weise eintreten. Dachte ich. So auch letztens, als ich in der Schlange der Autobahnauffahrt Erlangen-Mitte stand, wo es wegen einer Baustelle zwei Monate lang keine Beschleunigungsspur gab, sondern nur ein Stopschild.

Um in die Autobahn einzufahren, muss man schräg über die linke Schulter schauen. Im Laufe der Wochen hatte ich mindestens fünf-sechs Mal Fahrzeugpaare am Rand im Bankett stehen sehen, wo der Hintermann zwar auf diese Weise den Verkehr auf der Autobahn abgepasst, sich aber vorm Tritt aufs Gaspedal leider nicht vergewissert hatte, dass sein Vordermann auch schon losgefahren war.

So stand ich in der Schlange, gerade fuhren tatsächlich schon wieder zwei Autos vom Gras neben der Auffahrt los, die wohl das gleiche Schicksal getroffen hatte. »Mann, das könnte mir auch passieren«, dachte ich, während ich in den Rückspiegel schaute und kritisch den jungen Herrn im goldfarbenen Golf hinter mir beäugte, der schon seit dem Verlassen des Firmenparkhauses hinter mir fuhr. »Ach was, blue sky, das kann nicht. Erstens sind da gerade erst zwei zusammengekracht, und zweitens denkst du darüber nach, also kann es gar nicht eintreten.«

Jetzt stand ich vorne. Der Mann hinter mir schaute links über seine Schulter, schließlich ergab sich eine Lücke und noch bevor ich selbst Gas geben konnte, knallte er hinten rein. Nicht schlimm, nur mal wieder das Blech eingedrückt und verschiedene Teile verzogen (2000 Euro Schaden). Zahlt die gegnerische Versicherung, Wagen ist gerade in der Werkstatt, das ist alles ärgerlich, aber nicht das eigentliche Problem.

Dass ab sofort alles, was sich mein Hirn an Unglücken ausdenkt, trotzdem eintreten kann, das ist ein Problem.